Die Chronik erzählt aus der Geschichte Lasdehnens

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Die Chronik erzählt aus der Geschichte Lasdehnens

Hinweis

Erschienen im „Schloßberger Heimatbrief“ Nr. 50, Jahrgang 2011, Herausgeber: Kreisgemeinschaft Schloßberg / Ostpr. e.V. in der Landmannschaft Ostpreußen e.V., Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen (Verfasser unbekannt)

Die Chronik erzählt

Die Geschichte Lasdehnens reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück, wie es uns alte Aufzeichnungen und andere Quellen berichten. Um 1490 tauchte zum ersten Male der Name unseres Ortes auf. Die Akten des Amtes Ragnit benennen ihn mit anderen neu entstandenen Ortschaften „ Haselpusch". Erst 60 Jahre später findet man neben diesem Ortsnamen bereits Lasdenn, Lasdenischken und zuletzt bleibt Lasdehnen endgültig bestehen. Dieser später litauische Namen ist die wörtliche Übersetzung des älteren deutsch-litauischen „lazdynas" = Haselnussgesträuch.

Zu dieser Zeit waren nur die Flussläufe unseres Kreises besiedelt, wie die Szeszuppe und die Eymenis, die Buduppe u. a. Es war in diesem neu erschlossenen Gebiet noch alles unfertig. Die Grenzführung zwischen den einzelnen Grundstücken und den Dörfern war unsicher. Dem zufolge fehlte es der bäuerlichen Bevölkerung an Bodenständigkeit. Erst nach 1550 setzten die ersten Kirchengründungen ein. Auch Lasdehnen erhielt in dieser Zeit seine Pfarrei und die ersten Krüge begann man anzulegen, die Handel und Wandel verbreiten sollten. Um 1580 gab es im heutigen Kreisgebiet ganze vier Krüge, nämlich je einen in Schirwindt, Lasdehnen, Pillkallen und Kussen. 1664/65 gab es in Lasdehnen deren schon zwei.

Eine schwere Zeit brach für unsere unmittelbar an der Grenze gelegenen Gemeinden an, als König Gustav Adolf von Schweden[1] im Jahre 1626 nach der Eroberung von Pillau und Lochstädt gegen Polen vordrang. Zwei Jahre wogte der Kampf hin und her. Polnische Heerscharen zogen über die Grenzen Preußens ein und hausten wie die Räuber.

Für das Jahr 1649 wird der Bau der Lasdehner Schule genannt, die der Zimmermann Michel Kluwen für 100 Taler fertigstellte.

Dann traf eine neue Heimsuchung den Ort! 1656 brachen die Tartaren[2] über Schirwindt und Pillkallen kommend in Ragnit ein. Bei diesem Einfall wurden 13 Städte, 37 Kirchen sowie 249 Flecken, Dörfer und Höfe in Schutt und Asche gelegt. 23.000 wehrlose Menschen wurden getötet, 34.000 in die asiatische Sklaverei geschleppt und etwa 100.000 starben in dem vom Feind durchfluteten Land an Hunger und pestartigen Krankheiten.

Um 1660 begann man, die Zerstörungen wieder aufzubauen, unterstützt durch den Großen Kurfürsten[3], dem ja durch den „Frieden in Oliva"[4] das Herzogtum Preußen zugesprochen wurde. In diese Zeit fällt auch die Gründung unserer Wassermühle, die zunächst staatlich war und von einem Müllermeister geleitet wurde. Neben anderen Steuern wurde auch die Mahlsteuer eingeführt, um finanzielle Mittel zur Schaffung eines stehenden Heeres zu gewinnen. Aus einem Patent des Großen Kurfürsten aus dem Jahr 1653, dessen Original mit eigenhändiger Unterschrift sich in der Hand des Mühlenbesitzers Brachvogel befand, geht hervor, dass der Verkehr mit der Mühle gesetzlich geregelt und genau bestimmt war, welche „Mahlgäste" zur Lasdehner Mühle gehörten.

Nach einer ruhigen Zeit, in der die Folgen der Tartaren- und Poleneinfälle vernarbten, wütete ab 1709 in unserm Kreis ganz furchtbar die von Polen eingeschleppte Pest[5]. Dazu herrschte Hungersnot und eine Teuerung als Folge des ungewöhnlichen kalten, alle Saaten vernichtenden Winters 1708/09. Gleich im ersten Jahr fand die Pest eine ungeheure Ausdehnung. Der Tod raste durch das Land und mähte die Menschen nieder. Tag für Tag erklangen die Glocken mit fast ständigem Trauergeläut. Alljährlich, wenn der Herbst und darauf der Winter mit Kälte, Schnee und Eis kamen, hoffte man, dass unter der starren Decke der Würgeengel erstarrt sein werde. Zog dann der Frühling ins Land, wachte er immer wieder auf, um mit neuer Kraft zu vernichten. Ein Drittel der gesamten Provinzbevölkerung wurde damals dahin gerafft, nur 400.000 Menschen blieben über. Im Bezirk des Amtes Ragnit, wozu auch das Kirchspiel Lasdehnen gehörte, fielen 28.000 Menschen dem „Strafgericht Gottes" zum Opfer, unter ihnen auch die beiden Pfarrer. Wie die Pest hier gewütet hat, ist auch daraus zu ersehen, dass ganze Ortschaften ausstarben und die Ländereien zu Wüsten wurden, so z. B. Uszballen, Endruscheiten, Dannwethen, Eygarren, Smalwethen, Lindicken, Jucknaten und Tuppen. In Tulpeningken erinnert der so genannte Pestberg „Marokallnas" noch heute an die Opfer, die das große Sterben gefordert hatte.

Friedrich Wilhelm I[6] ging mit frischem Mut bald daran, die Wunden des schwer geprüften Landes auszuheilen. Schon in den Jahren 1711 und 1712 bis 1725 rief er die ersten Kolonisten aus dem Westen in das entvölkerte Land, darunter Schweizer, Nassauer, Magdeburger, Franken, Pfälzer, Pommern u. a. mehr. Im Jahre 1731 tauchte der erste Salzburger[7] in Klohnen auf, dem bald andere folgten. 1732[8] kam der Salzburger Rupert Ebner als erster Siedler nach Lasdehnen. Der Mann, der in einem Dokument aus dem Jahre 1738 als Mühlenpächter genannt wird, führt einen unter den Salzburger Emigranten häufigen Namen - Zacharias Wagner! Die Mühle ist da auch noch Staatseigentum. Erst 1752 erfolgt der Übergang in den Privatbesitz, wie aus dem Erbkaufkontrakt hervor geht, der, geschlossen mit dem Müller Wilh. Esche als Meistbietendem, von „Seiner königlichen Majestät in Preußen (Friedrich d. Gr.) confirmiert, ratifiziert und bestätigt" ist. Als Kaufpreis musste er die gesamten Reparaturkosten in Höhe von 1559 Thlrn., 17 Gr., 6 Pfg., übernehmen. Bald darauf brach abermals das Unheil über unserer Heimat aus! Als die Schlesischen Kriege[9] tobten und Österreich sich mit Russland verband, erschallte der Schreckensruf in den Grenzkreisen Ostpreußens: „Die Kosaken kommen!" Sie drangen über Schirwindt und Willuhnen bis nach Ragnit vor. Wo sie erschienen, war Schrecken und Entsetzen. Brennende Dörfer zeichneten ihren Weg. Wer nicht floh, machte mit den langen Lanzen der Kosaken Bekanntschaft. Fünf Jahre zogen sie hin und her, bis Peter III[10] mit Friedrich der Große[11] Frieden schloss und Ostpreußen wieder heraus gab (Anm.: russische Besetzung 1757 bis 1762, die Red.).[12]

Die schweren Jahre des unglücklichen Krieges von 1806 bis 1807[13] gingen an unserer Heimat auch nicht ohne Spuren vorüber. Das hart geprüfte Königspaar, resp. Königin Luise[14], kam auf der Flucht auch nach Lasdehnen.

Noch zwei Mal sollte der Feind aus dem Westen mit seinen Scharen unser Grenzland durchziehen. Als 1812 Napoleon[15] mit dem unermesslichen Heer gewaltig fordernd nach Russland zog und mit brutaler Gewalt aus Land und Leuten herauspresste, was noch vorhanden war. Und dann ein halbes Jahr später im Winter, als die Trümmer der einst stolzen Armee, auf den weiten russischen Eisfeldern besiegt und vernichtet, als halb verhungerte und erbarmungswürdige Flüchtlinge zurückkehrten. Einen französischen Offizier, zwei Infanteristen und einen italienischen Infanteristen weisen die Kirchenbücher als in unserer Gemeinde verstorben nach.

Große Begeisterung löste der Aufbruch 1813[16] auf. Viele Lasdehner zogen in den Kampf. 14 Namen nennen uns die beiden Gedächtnistafeln von denen allen, die in den Kämpfen ihr Leben für die Freiheit ihrer Heimat opferten. Als im Jahre 1844 infolge heftiger Regengüsse in der ganzen Provinz eine Missernte eingetreten war, besuchte König Friedrich Wilhelm IV[17] 1845 auch unseren Kreis und stiftete dabei der Stadt Schirwindt eine neue Kirche.

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte unserer Heimat eine Zeit ruhiger und guter Entwicklung zum Wohlstand. Gewaltig zum Negativen waren dann die Auswirkungen des 1. Weltkrieges![18] Beim ersten Russeneinfall im August 1914[19] blieb Lasdehnen vom Feind verschont. Als er aber am 13. September den Überfall auf Tilsit ausführte, der missglückte, zogen sich über Lasdehnen und Tulpeningken 7.000 Mann zur Grenze zurück. Sie behelligten die Bewohner nicht weiter, nur den Gutsbesitzer Kröning aus Löbegallen nahmen sie als Gefangenen mit. Sie ließen ihn wieder frei, als ihnen bei Schmalleningken unerwartet durch unsere Jäger der Rückzug abgeschnitten wurde. Am 13. Dezember setzte zum Schrecken der Bevölkerung plötzlich Kanonendonner ein. Granaten schlugen ein und so musste Lasdehnen schnell geräumt werden. Ende Dezember besetzten die Russen den Ort. Die Stellungen unseres Militärs verliefen in der Linie Löbegallen - Gut Berger-Palfner bis zum Walde jenseits des Dorfes (Anm.: südw. Lasdehnen, an der Pillkaller Straße, die Red.). Anfang Februar 1915, dem Beginn der Winterschlacht, fing man auch hier an, den nördlichen Flügel der Front aufzurollen. Damit war Ostpreußen endgültig von den Russen befreit. In dankbarer Freude jubelten die Bewohner dem großen Retter Hindenburg zu und kehrten im April froh in ihre Heimat zurück, um Zerstörtes neu aufzubauen und die immer schwerer zu ertragenden Kriegsjahre durchzuhalten.

Fußnoten und Weblinks