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Bestände Staatsarchiv - Hofkammer- und Finanzarchiv

Das Hofkammerarchiv ist das älteste der Wiener Archive und wurde bereits 1578 das erste Mal genannt. Die Hofkammer (gegründet 1527), deren Urkunden, Akten und Geschäftsbücher im Hofkammerarchiv verwahrt werden, war die zentrale Finanzbehörde der Habsburgermonarchie. Anfänglich in erster Linie für die Verwaltung des landesfürstlichen Kammergutes zuständig, hatte die Hofkammer bald für die Aufbringung der Gelder zur Bedeckung der Ausgaben von Hof, Staat und Armee zu sorgen und wurde nach den Reformen durch Maria Theresia (1717–1780) zur zentralen Finanzbehörde der habsburgischen Erblande, zu einer Art von „Superministerium“. Neben der eigentlichen Finanzverwaltung besorgte die Hofkammer bis 1848 auch die Agenden von Wirtschaft, Handel, Bergbau, Bauten, Kredit, Geldwesen und Verkehr. Hinzu kommen Gelder für Repräsentation und Hofstaatsauslagen, Zahlungen an Hof- und Staatsbeamte, Maler, Musiker, Dichter und Denker, Architekten und Handwerker. Aber auch Alchemisten und Astrologen stellten ihr Wissen gegen entsprechende Gebühren zur Verfügung, was von der Hofkammer nach eingehender Prüfung (zumeist) auch ausbezahlt wurde.

Die Revolution von 1848 beendete die mehr als 300jährige Geschichte der Hofkammer. Ihre Agenden wurden von mehreren Ministerien und Ämtern, darunter auch das „neue“ Finanzministerium, übernommen.

Bestandsübersicht – Finanz- und Hofkammerarchiv

Im Finanz- und Hofkammerarchiv werden die Akten zur zentralen Finanzverwaltung der Habsburgermonarchie aufbewahrt, wobei man unter „Finanzen“ alles das zu verstehen hat, was dem Staat und Hof Geld einbrachte oder kostete.

Was seit 1500 hier an Dokumenten gesammelt wurde, ist der aktenmäßige Niederschlag von Entscheidungen, die die Wirtschaft Mitteleuropas gestaltet haben. Hier gibt es unter -zigtausend anderen einen dicken Folianten, der die erste Straße, die die Österreicher durch das dalmatinische Küstenland bauten, auf minutiös gezeichneten und gemalten Karten festhält. Im Hofkammerarchiv sind hochwichtige Entscheidungen über Krieg und Frieden, Familienangelegenheiten des „allerhöchsten Kaiserhauses“, aber auch die des kleinsten Postbeamten archiviert, dazu viele Belange der Wirtschaft, Kunst und Kultur, denn neben der eigentlichen Finanzverwaltung besorgte die Hofkammer bis 1848 auch die Agenden von Wirtschaft, Handel, Bergbau, Bauten, Kredit, Geldwesen und Verkehr. Dazu kommen noch Repräsentation und Hofstaatsauslagen.

A. Hofkammerarchiv

Die Finanzverwaltung vor 1527

Der Vizedom des 15. Jahrhunderts verwaltete das niederösterreichische Kammergut (Kastenamt) und gleichzeitig die Finanzen der Gesamtmonarchie, war also gleichzeitig kleiner Steuereintreiber und Finanzminister – Mittelbehörden waren weitgehend unbekannt. Um 1500, mit dem Wachsen des habsburgischen Herrschaftsgebietes, wird eine Rait (=Rechen)-Kammer für die niederösterreichische Lande eingerichtet. Sie besorgte nicht nur die Verwaltung des Kammerguts (inklusive Zahlungswesen), sondern auch die Rechtssprechung für die Untertanen der Kammer und die gesamte Rechnungskontrolle. Aus dieser frühen Zeit haben sich wenige Dokumente erhalten, die in den Archivfonds „Urkunden“, „Urbare“, „Herrschaftsakten“, „Reichsakten“, „Gedenkbücher“, „älteste Akten der Niederösterreichischen Kammer“, „altes Münz- und Bergwesen“ zu suchen sind.

Die Akten der alten Hofkammer (1527–1749)

Als Ferdinand I. im Jahr 1527 für sein Herrschaftsgebiet eine zentrale Behördenorganisation schuf, dachte wohl niemand daran, daß diese seine Schöpfung über 300 Jahre Bestand haben würde. Seine Hofkammer als Finanzzentrale des Reichs sollte bis 1848 bestehen, wobei im Lauf der Zeit aus den ursprünglich zwei Räten (plus Schreibpersonal) viele hunderte Beamte wurden. Seine Hofkammer sollte über den Länderkammern in Wien, Innsbruck, Prag und Preßburg stehen und mit diesen gemeinsam für die Vermehrung der „ordinari und extraordinari Einnahmen“ sorgen.

Die Akten, die aus der Tätigkeit der Behörde erwuchsen, bilden heute den Archivfonds „Hoffinanz“. Dieses Herzstück des Archivs hat die Besonderheit, daß seine Geschäftsbücher, d. h. Findbücher und Protokolle, von Anfang an (fast) lückenlos erhalten sind. Von den Akten wurde naturgemäß sehr viel skartiert und vieles ging verloren. Das Aufbewahrte wurde nach Ländergruppen gegliedert, sodaß wir heute eine „Hoffinanz Österreich“, eine „Hoffinanz Ungarn“, eine „Hoffinanz Oberösterreich“ (Vorlande und Tirol) und eine „Hoffinanz Innerösterreich“ vorfinden. Der Aktenbestand „Hoffinanz Böhmen“ mit 785 Faszikel mußte nach dem Ersten Weltkrieg an die damalige Tschechoslowakei abgetreten werden, während die für alle Abteilungen gemeinsamen Geschäftsbücher in Wien verblieben.

Zeitgleich mit der „Hoffinanz“ ist die lange Reihe der Hofzahlamtsbücher, eine überaus wertvolle Quelle, die die Ausgaben und Einnahmen der kaiserlichen Familie, des Hofes und den Aufwand für seine Beamten belegt.

In beiden Fonds werden neben den Akten der Finanzverwaltung im weitesten Sinn auch die Unterlagen über die Hofstaatsauslagen und die damit verbundenen Repräsentationskosten aufbewahrt. Die Ausgaben für die Wiener Bauten sind ebenso vermerkt wie die Anschaffungspreise von Goldfischen im Innsbrucker Schloßteich. Unter den Ausgaben finden wir auch Nachrichten über die diplomatischen Vertreter Österreichs.

Der Hof, bzw. die Hofkammer, gab große Summen für Kunst und Kultur aus. Damit ist das Hofkammerarchiv auch ein Archiv für den Kulturhistoriker. Handwerker und Künstler, Dichter und Denker, aber auch Alchimisten und Astrologen wirkten ja schließlich für Geld, das sie der langsam zahlenden Hofkammer erst durch beredte Bittschriften abringen mußten.

Eine Unterbehörde der Hofkammer war die Niederösterreichische Kammer, die für die Verwaltung der „Gefälle“ von Ober- und Niederösterreich, aber auch als Kontrollinstanz für das gesamte Montanisticum der Monarchie zuständig war. Die Akten der „Niederösterreichen Kammer“ behandeln den Zeitraum von 1522 bis 1749. Aus der „Hoffinanz“ und der „Niederösterreichen Kammer“ leiten sich eine Reihe von Selekten (Sonderlegungen) ab, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden:

Die „Herrschaftsakten“ – sie sind besonders für die landesgeschichtiche Forschung bedeutend – zeigen, wie die habsburgischen Herrschaften verwaltet, verpfändet oder verkauft wurden. Sie behandeln das landesfürstliche Kammergut (den „Privatbesitz“ des Herrschers) ebenso wie landesfürstliche Städte, Märkte, Herrschaften, Lehen, eingezogene Güter unbotmäßiger Untertanen (sogenannte „Rebellengüter“), Klöster unter landesfürstlicher Schirmvogtei und landesfürstliche Ämter. Solche sind etwa das Vizedomamt, das für die Güter in Niederösterreich zuständig war, und das Kremser „Schlüsselamt“, eine Unterbehörde die alle Belange des Kremser Raumes vertrat. Der Schwerpunkt liegt auf dem 16. und 17 Jahrhundert, doch reichen die Akten auch darüber hinaus. Die Herrschaften waren nicht nur Einnahmsquelle, sondern auch wichtige Grundlage der landesfürstlichen Kreditoperationen (d. h. Verpfändung oder Verkauf) und erfuhren daher immer wieder neue Schätzungen. Die Beamten legten Urbare (Verzeichnisse der Einkünfte einer Grundherrschaft) an und verfaßten Rechnungen, Steuer- und Zehentlisten, Grenzbeschreibungen, Schloßinventare, etc. Die „Herrschaftsakten“ sind nicht nur für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, sondern auch für die Geschichte von Heimat, Siedlung, Bodenkultur und Familie eine überaus ergiebige Quelle.

Die „Reichsakten“, ebenfalls ein Selekt, behandeln nicht nur verschiedenste Angelegenheiten des „Römischen Reichs“, dessen Oberhaupt die Habsburger ja die meiste Zeit waren, sondern auch viele habsburgische Familienbelange. Der Schwerpunkt liegt ebenfalls auf dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Akten sind von einer ganz unglaublichen Vielfalt: sie belegen, neben den Lehensangelegenheiten, die Auslagen für Kriege sowie die Aufwendungen für den Außendienst mit seinen repräsentativen Festen und Gesandtschaftsreisen.

Als „Kontrakte und Reverse“ wird eine bedeutende Sammlung von Verträgen von Privaten mit der Hofkammer bzw. dem Herrscherhaus bezeichnet.

Die verschiedenen Reihen des sogenannten „Münz- und Bergwesen“ befassen sich mit der Verwaltung der Bergwerke, Edelmetallgewinnung und Münzproduktion.

Wichtige Sonderbestände der alten Hofkammer sind die sogenannten „Gedenkbücher“. Diese Kopialbücher beinhalten Abschriften der wichtigsten Ausgangsstücke der Hofkammer aus der Zeit von Maximilian I. bis Maria Theresia. Die „Hofquartiersbücher“ geben detaillierte Angaben über den Bestand der Wiener Häuser und ihrer Bewohner seit dem Jahre 1563.

Die Akten der neuen Hofkammer (1762–1848)

Im Zuge der Verwaltungsreformen von Maria Theresia zur Straffung des Staatswesens wurde die altehrwürdige Hofkammer bis auf zwei Abteilungen 1749 mit der Hofkanzlei zum „Directorium in publicis et Cameralibus“ zusammengeschlossen. Die Akten dieser Behörde liegen heute im Allgemeinen Verwaltungsarchiv. Die neue Behörde bewährte sich aber nicht, so wurde die Hofkammer 1762 wieder zum Leben erweckt.

Der Fonds „Bankale“ behandelt zunächst einträgliche Mauten, Zölle und Staatsbetriebe, dann die Einnahmen überhaupt – seinen Namen bezieht der Fonds daher, daß ursprünglich die Erträge der einträglichsten Gefälle (Steuern) zur Geldbeschaffung an die Wiener Stadtbank verpfändet worden waren.

Die Hofkammer-Sektion für das „Münz- und Bergwesen“ produzierte eine große Menge Akten, ihr Archivfonds ist mit mehr als 6000 Faszikel besonders umfangreich. Die landesfürstlichen Bergwerke, die reichen Quecksilbergruben Idrias im Herzogtum Krain, der steirische Erzberg, die böhmischen Silberbaue, die ungarischen Gold-, Silber- und Kupferbergwerke, die vielen Salzbergwerke waren für den Staat eine bedeutende Einnahmsquelle, die noch dazu den Vorteil hatte, von ständischen Bewilligungen unabhängig zu machen.

Ein weiterer sehr wichtiger Archivfonds beinhaltet den Aktenniederschlag der Kommerzhofstelle und wird im Archiv kurz „Kommerz“ genannt. Diese Akten zeigen, durch welche wirtschaftspolitische und wirtschaftsfördernde Maßnahmen sowohl die Bedürfnisse der Volkswirtschaft als auch der Einzelwirtschaft befriedigt werden konnten. Umfangreiche Aktenbestände über Maut- und Zollstätten unterrichten nicht nur über Art und Umfang, Herkunft, Handelsweg und Ziel des vertriebenen Handelsgutes, sondern auch darüber, wie Wirtschaft, Handel, Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie durch staatliche Eingriffe belastet und beeinflußt wurden.

Alle nur denkbaren Bereiche des Wirtschaftslebens in der Donaumonarchie werden erfaßt. So finden wir etwa bei einer der fünf Länderabteilungen des Kommerzbestandes, der Ländergruppe „Litorale“ (adriatisches Küstenland), nicht weniger als 180 Unterabteilungen.

Die Kameralsektion war das Herzstück der Hofkammer, sie war, grob gesprochen, für die staatlichen Ausgaben zuständig. Ihr Name erinnert noch daran, daß die Behörde ursprünglich das Kammergut, also das landesfürstliche Privateigentum verwalten sollte. Der Archivfonds „Camerale“ behandelt in fast 3000 Faszikeln die kostenverursachende Verwaltung der Erbländer – es gibt hier 77 Untergruppen, die von den Beamten über Bauten und Postwesen bis hin zur Soldatenkinder-Verpflegung reichen.

Das „Camerale Ungarn und Siebenbürgen“ ist für die Länder der Stefanskrone zuständig. Eng verbunden mit dieser Abteilung war auch eine eigene Abteilung für das Banat, das im 18. Jahrhundert als kaiserlicher „Privatbesitz“ von der Hofkammer verwaltet und von ihr besiedelt wurde. Aus dem Archivfonds der „Banater Akten“ wird gut sichtbar wie der Staat im 18. Jahrhundert in alle Bereiche des menschlichen Lebens regulierend eingriff: Für die neu erworbenen Gebiete im Osten gewann man durch mancherlei Versprechungen Siedler aus aller Herren Länder, die den Boden nach Anweisung der Wiener Behörde urbar machen sollten.

Für das staatliche Kreditwesen entsteht erst recht spät eine eigene Sektion in der Hofkammer. Die „Kredit- und Staatsschuldenakten“ zeigen, wie man für dringende Ausgaben in- und ausländische Kreditgeber um fast jeden Preis gewinnen mußte, wie in Krisenzeit zuerst Kredit und Währung zerrüttet wurden und wie man nach Inflation und Staatsbankrott wieder eine gesunde Basis zu gewinnen suchte. Die Akten berichten über den Staatshaushalt, über die Staatsschuld und die Defizite.

Die „Domänenakten“ illustrieren die Verwaltung der staatlichen Domänen, unterrichten aber auch über Erwerb und Verkauf dieser Güter. Erst relativ spät entsteht der Fonds „Präsidialakten“ – für geheime oder sehr wichtige Belange. Dieser jüngste Archivfonds wird dafür in wenigen Jahrzehnten zur allerwichtigsten Fundgrube für die Hofkammeragenden im 19. Jahrhundert.

Aus Aktenbeilagen entstanden die reichen Sammlungen der „Handschriften“ (ca. 1300 Titel) und der „Karten und Pläne“, mit ca. 15.000 handgezeichneten Landkarten, Bauplänen, Zeichnungen von Häusern, Kirchen, Erfindungen etc.

An Fremdprovenienzen ist vor allem der Fonds „Italienische Akten der Staatskanzlei“ zu nennen, er zieht vor allem italienische Forscher ins Hofkammerarchiv, denn er behandelt die Verwaltung des österreichischen Besitzes in Italien (von 1708–1796) und die Akten sind – zum Glück für die Italiener – nicht in deutscher Kurrentschrift, sondern in italienischer Sprache verfaßt.

B. Finanzarchiv

Die Bestände des Finanzarchivs stellen zunächst eine Fortsetzung der Akten des Hofkammerarchivs dar (mit Ausnahme jener Agenden, die 1848 an die neuen Ministerien für Ackerbau, Handel etc. abgegeben wurden). Später kommt je eine Abteilung für „Gebühren“, „Kataster“ und „Direkte Steuern“ hinzu. An kleineren Fonds sind die „Tabak- und Stempelgefällen-Direktion“, und die „Porzellanfabrik Augarten“ zu nennen. Auch eine „Montanabteilung“ (1848–1875) gibt es im Finanzarchiv, obwohl in jenen Jahren ein eigenes Bergbauministerium bestand. Dazu kommen die Akten der „Montanistischen Behörden“, die dem Finanzministerium unterstellt waren, und die Akten zahlreicher aufgelassener „Lokal-Montanbehörden“.

Nach dem Ausgleich mit Ungarn (1867) entstand das „K. u. K. Gemeinsame (Reichs) Finanz-Ministerium“, dessen Akten ebenfalls im Finanzarchiv aufbewahrt werden. Dieses für Österreich und Ungarn gemeinsame Ministerium besorgte den Aufwand für die auswärtigen Angelegenheiten, das gemeinsame Heerwesen und die gemeinsamen Finanzen. 1880 erhielt dieses Ministerium eine neue Abteilung für sämtliche Angelegenheiten des eben erworbenen Landes Bosnien-Herzegowina. Ein Großteil des Aktenniederschlages dieser Abteilung für die Verwaltung der 1878 okkupierten und 1908 annektierten Provinz Bosnien-Herzegowina – 2027 Faszikel Akten und 710 Geschäftsbücher – wurde nach dem Ersten Weltkrieg nach Sarajewo verschleppt.

An Fremdprovenienzen im Finanz- und Hofkammerarchiv ist vor allem das „Archiv des Obersten Rechnungshofes“ (mit seinen vielen Vorgängerorganisationen) von 1761–1920 zu nennen, das die Tätigkeit dieser Behörde seit ihrer Errichtung durch Maria Theresia dokumentiert.