Leben am Gillbach/034: Unterschied zwischen den Versionen

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pachteten" Hofes war unter gewissen Bedingungen mit einem Erbrecht ver- <br>
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bunden. „Gezahlt" wurde mit Naturalien.

Aktuelle Version vom 17. März 2019, 15:06 Uhr

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Nettesheim verlegt worden, sodaß man zu dieser Zeit auch vom
Dingstuhl Nettesheim sprach.
Unter dem Vorsitz eines Vogtes als Vertreter des Grafen bzw. des
Amtmannes von Hülchrath bildeten sieben Schöffen das Gericht
des Dingstuhls. Es trat bei Bedarf an der Gerichtsstätte zusammen,
die durch Rad, Galgen und Pfahl zur Vollstreckung der Strafen
gekennzeichnet war. Hier wurde Recht gesprochen in Angelegen-
heiten persönlicher Streitigkeiten, Betrügereien, Diebstahl etc.,
aber auch Notariatsaufgaben wie Landverkäufe, Schenkungen,
Erbschaftsangelegenheiten u.ä. getätigt und besiegelt.
Die Schöffen wurden vom kurfürstlichen Amtmann ernannt und
waren im Dingstuhl ansässige Bauern. Hierbei handelte es sich
durchgehend um Männer, die den Hof eines Grundherren, am
Gillbach überwiegend Stifte und Klöster, gegen bestimmte Abga-
ben bewirtschafteten und diese Nutzung auch vererben konnten.
Da sie als Pacht (16) ursprünglich die Hälfte ihres Ertrages an den
Grundherren abliefern mußten, nannte man sie Halbwinner oder
auch Halfen. Etwa seit 1600 zahlten sie zwar eine fest vereinbarte
Gebühr, die Bezeichnung „Halfe" wurde jedoch beibehalten und
war auch im 19. Jahrhundert jahrzehntelang noch üblich, nachdem
die Höfe ihr Eigentum geworden waren.
Durch die Wahl zum Schöffen und durch die relativ freie Lebens-
weise auf einem Hof als Erblehen bildete sich schon im Mittelalter
innerhalb der rheinisch-bäuerlichen Bevölkerung eine „gehobene
Schicht". Die Tatsache, daß auf Grabkreuzen aus dem 17. und 18.
Jahrhundert am Gillbach die Bezeichnungen Halfe oder Halbwin-
ner zu lesen sind, beweist, daß es sich hierbei um eine Ehre für den
Verstorbenen handelte, zu diesen zu gehören.
Der „gehobene" Stand wurde auch durch die Heiratspolitik deut-
lich: Die Halfen am Gillbach waren fast alle durch Heiraten mit-
einander verwandt. Dies resultierte nicht nur aus ihrem Standes-
denken, sondern wurde auch von den Grundherren verlangt. Hei-
ratete eine Halfentochter jemanden aus einer Familie, die nicht zu
den Halfen gehörte, so mußte der junge Mann sich „einkaufen",


(16) Der Begriff ist nicht mit der heutigen „Pacht" identisch; die Nutzung des „ge-
pachteten" Hofes war unter gewissen Bedingungen mit einem Erbrecht ver-
bunden. „Gezahlt" wurde mit Naturalien.