Leben am Gillbach/036

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Leben am Gillbach
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Leben am Gillbach.djvu
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den großen politischen Ereignissen weitgehend gleichgültig gegen-
über und sah in der Besetzung durch die Franzosen keine nationale
Schande. Die Zersplitterung Deutschlands in zahlreiche Kleinstaa-
ten sowie Frondienste, Zehnte etc. der alten Zeit ließen die Ent-
wicklung eines Nationalgefühls des „kleinen Mannes" kaum zu.
Nach wechselndem Kriegsglück eroberten die französischen Trup-
pen 1794 endgültig das linksrheinische Gebiet und hielten es 20
Jahre besetzt. Im Friedensvertrag von Lunéville 1801 wurde die
Grenze Frankreichs an den Rhein verlegt; unsere Vorfahren waren
dadurch von 1801 bis 1814 Franzosen. Entsprechend war auch die
Amtssprache französisch, und alle Aufzeichnungen und Mitteilun-
gen erfolgten in dieser Sprache. Der Versuch, der rheinischen Be-
völkerung die französische Sprache aufzuzwingen, hat bis heute
seine Spuren in der Umgangssprache und besonders im rheini-
schen Dialekt hinterlassen.
Innerhalb weniger Jahre wurde die bestehende Ordnung radikal
geändert. Amt, Dingstuhl und die damit verbundenen Gerichte
wurden aufgelöst, die Lehnsherren enteignet und ihr Besitz in
Staatseigentum überführt. Lediglich selbstbewirtschafteter und
verpachteter Besitz blieb unangetastet. Zugleich endeten alle Ab-
gaben wie Zehnt, Kurmud (18) Naturallieferungen und Grundabga-
ben, die Frondienste wurden eingestellt.
Klöster und Stifte wurden aufgehoben und ihr Besitz ebenfalls dem
französischen Staat einverleibt. Um die durch die Kriege sehr be-
anspruchten Finanzen des Staates aufzubessern, verkaufte man
den ehemals geistlichen Besitz. Da im Feudalsystem nur selten Gü-
ter veräußert wurden, fanden sich für das nun reiche Angebot auch
genügend Käufer: wohlhabende Bürger, selbständige Bauern und
bisherige Pächter.
Das Eigentum der Pfarreien wurde den Kommunen übertragen,
die dafür die Unterhaltung aller kirchlichen Gebäude übernehmen
mußten. Die Pfarrer, die von den Einkünften aus dem „Pfarrgut"
gelebt hatten, wurden fortan vom Staat besoldet.


(18) Abgabe bei der Neuvergabe von Lehen nach dem Tode des Belehnten.