Samland

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Prußische Stammesgebiete
Baltische Stammesgebiete


Geografische Lage

"Die Grenzen der prussischen Landschaft Samland ist im Süden der Pregel gegen Ermland und Natangen. Wahrscheinlich war das östliche Samland vom westlichen Nadrauen durch den "Großen Baumwald" getrennt, hatte also keine festumrissene Grenze. Samland ist die am frühesten bekannt gewordene prussische Landschaft; in den ältesten Berichten und Urkunden werden Samländer und Prussen oft gleichgesetzt." [1]

Sage

Wie Widewuto das Land unter seine Söhne theilte

  • "Am andern Morgen früh setzten sich Widewuto und Bruteno vor der Eiche nieder und riefen zuvörderst jenes ältesten Sohnes herbei, welcher hieß Lytpho oder Litthuo, ...
  • Danach theilte Widewuto dem Samo, seinem zweiten Sohne, das Land von Crono und Halibo bis auf Skara das Wasser, und er nahm es mit der Zeit ein, und ward nach ihm Samland genannt. Er bauete sich auf einem mächtigen Sandberge, der zum Theil geschüttet ward, die Feste Gailgarwo (Galtgarben). Dieser Samo hatte mit den Seinen eine sonderliche Lebensweise; denn sie waren andächtiger wie die übrigen Brutener und wählten auch einen besonderen Eichwald zu ihrer Andacht aus, in welchem sie einen Haufen Schlangen [1] zu Ehren ihrer Götter unterhielten. Samo ließ weniger Kinder als seine Brüder, denn sein Weib Pregolla ertrank in dem Flusse Skara, davon dieser den Namen (Pregel) erhielt."
  • "Viel hat man im Samland von den Unterirdischen gewußt. Sie wohnten in den Bergen, unter alten Steinen und Stubben, oder auch unter dem Herd. Und in den Küstenstrichen war ihr Lieblingssitz in den Strandbergen, dort, wo die steilen Sandwände überzustürzen drohten, wo der ungestüme Küstenfluß die Schlucht durcheilte, die er selbst geschaffen hatte, und wo er die nackten Wurzeln ragender Eichen bespülte. Die Eingänge waren klein und unscheinbar, aber sie erweiterten sich dann zu großen unterirdischen Kammern. Die Fischer in jenen Altvätertagen konnten es gut mit diesen Zwergen, lieferten ihnen viel von ihrem Fang, stiegen auch ohne Scheu zu ihnen in ihre unterirdischen wohnungen hinab. Ja, mitunter haben sie sogar durch die Unterirdischen das allerbeste Fanggerät bekommen. Wenn man die gut behandelte, so fertigten sie bei Nachtzum Danke dem Hausherrn die prächtigsten Fischspeere und die zierlichsten Angelhaken, mit denen allemal reiche Fänge gemacht wurden. Fische waren ein Leibgericht bei den Unterirdischen und durften bei keinem Fest fehlen; und sie feierten und tanzten so gern, sogar der bei den Bauersleuten untergeschobene Wechselbalg tanzte, wenn er unbeobachtet war. Wo man die Unterirdischen im Lande hatte, da gedieh alles prachtvoll, besonders das Vieh, die Kühe und dann die Pferde, das war ein Staat! Wo die recht rund und glatt und stark waren, da hatten sicher die Unterirdischen sie gepflegt, hatten ihnen das beste Futter geholt - woher sie das mitunter bekamen, kann man sich nach der voeher erzählten Sage schon denken. Wenn man merkte, daß sie ihren Haushalt unter dem Herde hatten, dann durfte man dort kein Spülicht oder kochendes Wasser verschütten und mußte darauf achten, daß keine Haare in die kleinen Töpfe kamen, die sie manchmal beim Herdfeuer stehen hatten. Bei alledem aber wußte man dann immer noch nicht, ob man bei ihnen das richtige traf, und wie man mit ihnen daran war." [2]

Name

Der Name beschreibt ein niedrig liegendes Gebiet.

  • prußisch "same, semme, zeme" = Erde (im kurischen und zemaitischen Sprachgebrauch bedeutet es auch unten bzw. Niederland)

Urkundliche Erwähnungen:

  • Sem-land 1073
  • Samb-landia 1224
  • Zambia 1231
  • Samie 1238
  • Samlandia 1242
  • Sambia 1246


Romowe

Das prußische Hauptheiligtum Romowe im Samland

Im Samland, Kreis Fischhausen gab es einen Ort Rummowe, der später Romehnen hieß. Im Samland häufen sich auch Orts- und Waldnamen, die mit "lab-, lap-" (gut) beginnen und ebenfalls auf heilige Stätten hinweisen.

  • prußisch "roms, rams, rums" = still, ruhig, bescheiden, sittsam, höflich, zahm (auch im Sinne von heilig gebraucht)

"Ob es nur diesen einen heiligen Hain gegeben hat oder Romowe der Name für Heiligtum schlechthin war, konnte nicht geklärt werden. Vielleicht gab es um die sogenannten "tausenjährigen Eichen", die man an vielen Orten findet, oder um die gewaltigen Stämme anderer Bäume solche Heiligtümer, denen diese Riesenbäume ihr Überleben verdanken. Im westlichen Samland gab es den Ort Rummowe, der später Romehnen hieß. Opfersteine hat man im ganzen Lande gefunden. Es gab auch eine Art "Vor-Heiligenbilder" in dem bekannten Bartel, einem Frühkunstwerk (?), jedenfalls Zeugnis prussischer Kultur. Die Feste der Prussen waren den Jahreszeiten angemessen, sie glaubten an ein Leben nach dem Tode, worauf man aus den Grabbeigaben schließen kann." [3]

Geschichte

Archäologie

  • Haffküsten-Kultur, die, wie der Name sagt, an den geschützten Lagunen der Ostsee siedelte. An den Flussmündungen, entlang der binnenlandigen Haffufer und an der Samlandküste entstanden frühe Handelsplätze. Funde zeigen, dass sich die Menschen aus Fischerei, Landwirtschaft und Jagd erhielten. Bevorzugt wurden jene Wohnplätze, die über sandige, wasserdurchlässige Böden an erhöhten Uferstellen verfügten. Lichtungen wurden wegen der freien Übersicht bevorzugt. Wörter für Pflug, Egge, Rad, Achse, Nabe zeugen von der Kenntnis des Wagens.

Aus der Haffküsten-Kultur entwickelte sich die westbaltische, also prußische und kurische Bronzezeit, danach die frühe Eisenzeit.

  • An Fischereigeräten fand man Flintwerkzeuge, Harpunen, Forken, Fischreusen, Körbe, Lindenbast-Netze, Kähne, Ruder und Stakstangen. Auf der Jagd hielt man sich wesentlich an Robben und Wasservögel.
  • Für die Landwirtschaft benutzte man Werkzeuge aus Geweihschaufeln, Hauen, Handmühlen, Feuersteinklingen und Sensenblätter. Gefunden wurden das Getreide Emmer, eine primitive Weizenart, sowie Mahlsteine. Vor der Einführung des Flachses, der das Weben ermöglichte, trugen die Menschen Kleidung aus Rindenbast und Pelzen. Betrieben wurde auch die Zucht von Rindern, Pferden und Hunden. In dieser Epoche gelang auch die Zähmung des Schafes, woraus sich die Herstellung von Filzkleidung sowie die Techniken Stricken und Häkeln entwickelten.
  • Um 3000 v. Chr. macht sich ein fremder Zustrom aus westlichen Kulturen bemerkbar. Menschen, die im Kolonialland nicht auf Gewohntes verzichten wollten und deshalb auf ihren erprobten Wanderwegen auch rückwärtige Handelsbeziehungen aufrechterhielten, sorgten für einen regen kulturellen Austausch. So gibt es aus dieser Epoche Werkzeuge aus Rügen, Salz aus Mitteldeutschland sowie schlesischen Serpentin. Als Tauschobjekt ist Bernstein anzunehmen, denn der wurde in Pommern, Brandenburg, Mitteldeutschland, Norwegen, Finnland, Schlesien, Nordrussland und im Nordkaukasus gefunden. Breslau und Leysuhnen bei Heiligenbeil waren wohl die Hauptumschlagplätze, denn dort fand man in Handelshöfen, die als Zwischenlager dienten, 8 bzw. 3 Zentner Rohbernstein.
  • In der Bronzezeit (2000 bis 150 v.Chr) blüht das Handelsgeschehen im Samland, wobei die Dörfer in den Kreisen Fischhausen und Cranz die reichsten archäologischen Funde aufweisen. Steinäxte sind ungarischen Kupferäxten nachgebildet, und auch Spiralarmbänder zeigen Ahnlichkeit mit denen aus Ungarn. Bronze wird aus einer Legierung aus Kupfer und Zinn hergestellt, wobei der Zinnanteil allmählich auf 10% ansteigt und so die Bronze härter macht. Die chemische Zusammensetzung deutet auf Kupfer aus dem südwestlichen England, aus Spanien und dem Salzkammergut in Österreich. Daraus ist zu schließen, dass es in Ostpreußen selbst keine Bronzeindustrie gab sondern im Austauschverkehr mit Bernstein importiert wurde. Ebenfalls gab es Handelsbeziehungen zu den Gießerei-Werkstätten im nördlichen Kleinasien.
  • Im Gegensatz zu den Gebieten westlich der Weichsel findet im Samland noch die Ganzkörperbestattung in Hügelgräbern statt, die der gesamten Sippe über mehrere Generationen zur Verfügung stehen. In Ostpreußen kamen Kulturimpulse aus anderen Zentren stets langsamer an und schlugen sich nur allmählich durch, so dass alte Formen hier ein längeres Nachleben und mehr Spielraum zur Entwicklung hatten. So finden sich neben modernen Metallgegenständen immer noch alte Steinwerkzeuge in Gebrauch.
  • In der jüngeren Bronzezeit (1000 bis 500 v. Chr) verstärkt sich der westliche Einfluss, denn auch im Samland geht man zur Brandbestattung über. Inzwischen hat hier auch die Metallindustrie einen Aufschwung erfahren, was etliche Metall-Depotfunde beweisen, die auf einheimische Gießereien schließen lassen. Bei dem in Littausdorf gefundenen Kupfer ist dasselbe Verunreinigungs-Verhältnis wie beim englischen Kupfer zu finden. Da Littausdorf an der Ostsee liegt, darf auf einen Seehandel mit England geschlossen werden.
  • Auch in der Eisenzeit (500 v. Chr. bis 50 n. Chr) behält das Samland seine wirtschaftliche Bedeutung. Die Wirtschaftsbeziehungen zu Gebieten westlich der Weichsel halten an und beeinflussen die samländischen Sitten. Moderne Spinnwirbel mit Webegewichten halten Einzug, kobaltblaue Glasperlen mit Emaille-Einlagen werden anstelle des Bernsteinschmuckes bevorzugt.
  • Auch die Änderung der Grabsitten deuten auf neue Gedanken und Vorstellungskomplexe metaphysisch-religiöser Natur. Das Fortleben nach dem Tode war nicht mehr durch den Körper bedingt, worauf die Brandbestattung schließen lässt. Neu sind jetzt Urnen, die manchmal auch mit einem Gesicht verziert sind und einen Deckel erhalten, der mit einem sogenannten „Seelenloch“ versehen ist. Das deutet auf eine dualistische Scheidung zwischen Körper und Seele. Da man nichts über die Beschaffenheit der Seele weiß, vermutete man sie in der Asche oder in den Knochenresten, die deshalb in einer Urne gesammelt werden mussten. Damit die Seele jedoch ihren Weg zu den Göttern finden konnte, ließ man oben das Loch. Die Bestattungsweisen werden wohl der Bauweise des Wohnplatzes und dem täglichen Leben entsprochen haben, denn die runden Hügelgräber mit teilweise mehreren Steinringen entsprachen den Muldenhäusern mit ihren Umzäunungen.
  • Die Wirtschaft war inzwischen vorwiegend bäuerlich. Es gab Landeigentum, während die Jagd abschwächte. Als Haustier kam die Ziege hinzu, das Rind wurde als Zugtier gebraucht, während das Pferd als Reittier oder der vornehmen Wagenbespannung diente. Der Übergang vom Hackbau zum Hakenpflug verstärkte die Sesshaftigkeit, was wieder etliche Änderungen sozialer und religiöser Art nach sich zog, denn dadurch bekamen die Menschen ein engeres Verhältnis zur Natur und mussten sich über Werden und Vergehen, über die Naturgeschehen, über den Einfluss von Sonne, Mond und Naturgewalten Gedanken machen. Von der Natur war der Mensch abhängig, und er musste sich ihr Wohlwollen erringen oder ihren Zorn besänftigen.
  • Wirtschaftlich blieb das Samland ein Knotenpunkt. Anregungen und Moden kamen weiterhin aus dem Süden, neu waren jetzt aber Beziehungen nach Gotland. Die Goten hatten bereits aus klimatischen Gründen zwischen 800 bis 300 v. Chr. Züge nach Süden unternommen, und siedelten vorwiegend in der Gegend um Danzig. Aus dieser Zeit stammt die ostpreußische Sage von den gotischen Brüdern Widewuto und Bruteno.
  • Gräberfunde aus der Gotenzeit weisen in Ostpreußen ein großes stilistisches Durcheinander aus. Neu sind Keramiken mit mattglänzender Politur, die auf Graphit-Beimengung deuten, die beim Erstarren von Eisen entsteht. Die Metallindustrie hatte also einen Aufschwung erlebt. Schmuck wird nun auch in Gusstechnik hergestellt, und die Waffenindustrie blüht, denn die mit Säureätzung hergestellten Verzierungen deuten auf ein kriegstüchtiges Volk. Während frühere Funde durchaus auf friedliche Handelsbeziehungen weisen, scheint es jetzt nötig geworden zu sein, sich mit Waffen zu verteidigen; während es vorher keine Waffengräber gab, tauchen sie in dieser Epoche vermehrt auf. Die Goten hatten sich zunächst in Pommern angesiedelt und begannen nun Druck nach Osten ins Landesinnere nach Galindien zu machen. Aber sie müssen auch entlang der Haffküsten bis hoch nach Memel gedrungen sein, denn überall wo sie Einfluss nehmen, setzt wieder Körperbestattung ein. Von der Haffküste aus verbreiten sich diese gotischen Einflüsse ins Landesinnere.
  • Auch der Name „Aestier“ ist gotisch und bedeutet „die Geachteten, die Geschätzten“. Aus diesem Wort entwickelte sich der Name Estland.

Römische Kaiserzeit

Die Bernsteinroute von Memel, dem Samland und Danzig im Jahr 98 nach Chr.

Ab der Römischen Kaiserzeit (1. bis 4. Jh. n.Chr) werden neben archäologischen auch schriftliche Zeugnisse geliefert. So schreibt Tacitus: „Rechts von dort schlägt das slawische Meer an das Küstenland der aestischen Völker. Ihre Sitte und ihr Äußeres ist schwebisch, die Sprache der brittanischen ähnlich. Sie verehren die Göttermutter. Als Sinnbild dieses Kultes führen sie Bilder von Ebern. Solche Bilder sind ihr Schild und Schirm. Sie decken den Verehrer selbst in der Feinde Mitte. Selten ist der Gebrauch einer eisernen Wehr, häufiger der von Keulen. Getreide und andere Feldfrüchte bauen sie fleißiger an, als dies sonst der bequemen Germanen Art ist. Aber auch das Meer durchsuchen sie, und sie sind die einzigen von allen, die den Bernstein, bei ihnen „glesum“ genannt, in den Untiefen und am Ufer selbst sammeln. Seine Natur und Entstehungsart haben diese Barbaren nie untersucht oder ermittelt. Lange lag er unter anderem Auswurf des Meeres da, bis römische Prunksucht ihm einen Namen machte. Jene wissen selbst nichts damit anzufangen; er wird roh gesammelt, unverarbeitet ausgeführt und voller Bewunderung empfangen sie Bezahlung dafür“.

  • Tacitus nennt die Prußen einen „äußerst friedliebenden Menschenschlag“, und auch tausend Jahre später sagt Adam von Bremen, dass es höchst schätzenswerte Menschen seien, über deren Sitten viel Löbliches gesagt werden könnte. Neben der Bernsteinroute über Land gab es auch einen Seeweg über Utrecht. Münzfunde aus arabischen Ländern beweisen, dass auch der Bernsteinhandel mit Russland weiter blühte.

Völkerwanderung

  • Zwischen 166 bis 180 n. Chr. wandern die Goten nach Südrussland ab. Sie werden „Creutungi“ genannt, nach der Stadt Graudenz. Mit ihnen wandern die prußischen Galinder und kommen bis nach Spanien, was die Existenz des spanischen Familiennamens Galindo beweist. Ihr leer gewordenes Wohngebiet wird im Laufe der kommenden Jahrhunderte friedlich und leise von den slawischen Masoviern besiedelt, die die samländisch-natangische Kultur übernehmen. Nachdem die Goten das Samland verlassen hatten, gewann die prußische Unterschicht wieder die Oberhand, nahm von der gotischen Ganzkörperbestattung Abstand und kehrte zur alten Brandbestattung zurück.
  • Zur Zeit der Völkerwanderung (4. bis 8. Jh n. Chr) wird das Germanenreich zerschlagen, aber das Samland pflegt weiter seine alten Handelsbeziehungen. Südrussische Tierkopffibeln finden sich neben Merowinger-Sicheln und Zikadenfibeln aus dem mittleren Rheinland. Ab dem 7. Jh. dringen die Slawen von der Donau kommend in die von Germanen entvölkerten Gebiete.

Skandinavier und Wikinger

Das Samland zur Wikingerzeit. Die Kurische Nehrung war nördlich von Cranzkuhren offen. Südlich davon gab es etliche Buchten.
  • Im 8. Jh. wächst der skandinavische Einfluss. Ein Dänenkönig unterwirft die Samländer, die ihn ohne Kampf als ihren Gebieter begrüßen. Die nordischen Beziehungen und der Kulturaustausch schaffen einen Wandel. Landwirtschaftliche Erneuerungen ziehen ein, und die Reiterei spielt eine größere Rolle als in früheren Epochen. So findet man in Gräbern vergoldete Zaumzeugbeschläge.
  • Die spätheidnische Zeit (9. bis 11. Jh. n. Chr) wird auch Wikingerperiode genannt. Wegen Landarmut und Überbevölkerung werden vor allem Dänen, aber auch andere Nordmänner, von kriegerischer Abenteuerlust getrieben. Ihr draufgängerischer Eroberungsgeist überzieht Ostpreußen als letzte germanische Welle. Ende des 9. Jh. hält sich der angelsächsische Wiking Wulffstan in Ostpreußen auf und liefert einen trefflichen Bericht über Land und Leute. Es ist insgesamt eine kämpferische Periode, denn die Prußen haben sich nicht nur der Wikinger zu erwehren, auch die Polen überziehen sie über 400 Jahre lang ständig mit Krieg. Wulffstan schreibt: „Es befinden sich viele Burgen in dem Land. Es ist viel Krieg unter den Esthen“, was auch zahlreiche Waffenfunde aus dieser Epoche beweisen. Das Jahr 960 n.Chr. gilt als offizielles Gründungsjahr von Polen. Es herrscht Herzog Mieszko I.; das Kerngebiet der Polanen liegt zwischen Warthe, Netze und Weichsel.
  • In der zweiten Hälfte des 10. Jh. schildert Saxo Grammaticus, wie die Dänen das Samland angriffen, aber angesichts der dortigen Krieger und des bevorstehenden Kampfes sich feige aus dem Staub machen wollten. Daraufhin ließ ihr Anführer Feuer an die dänische Flotte legen, so dass ihnen nichts übrig blieb als zu kämpfen... und zu siegen. Sie töteten die Ehemänner und zwangen die Frauen zur Heirat. Grammaticus schreibt: „Sie brachen die Ehetreue zu ihren heimatlichen Frauen und hingen ihren fremdländischen Frauen mit Leidenschaft an und vergaßen die Heimkehr.“ Der samländische Freiheitsdrang hielt noch lange an, bis König Kanut d. Gr. schließlich „die Reiche der Kuren, Semben und Esten von Grund auf zerstört hatte.“

Ordenszeit

  • Ab 1100 verstärken sich die polnischen Übergriffe auf Ostpreußen; die Motivation wird darin zu sehen sein, dass Polen einen Zugang zum Meer bekommen wollte. Polen respektierte nicht die Bodenständigkeit der Prußen und war auch lange erfolglos, denn die Prußen konnten die natürlichen Gegebenheiten ihres Landes zu ihrem Vorteil nutzen. Die undurchdringlichen Urwälder waren für Fremde kaum zu bewältigen, lediglich bei Frost konnten Feinde die Sümpfe durchqueren. Ebenso widerstanden die Prußen den christlichen Missionierungsversuchen. Dies wird darin gelegen haben, dass die Missionare sich an die prußischen Häuptlinge gewandt hatten, in der Annahme, dass prußische Herrschaftssystem entspreche dem Lehensrecht des Deutschen Reiches. Sie nahmen an, wenn der Häuptling bekehrt wäre, dann hätten alle Gefolgsleute ebenfalls den Glauben anzunehmen.
  • Hatten sich die Prußen für lange Zeit lediglich auf ihre Verteidigung verlassen, änderten sie im 12. Jh. ihre Strategie und gingen zu Angriffskriegen über. Dadurch wurden sie zu einer direkten Gefahr für nordpolnische Gebiete, mit der bekannten Konsequenz, dass Konrad von Masovien die Ordensritter zu Hilfe rief. Um das Jahr 1000 bestand das Volk der Prußen aus etwa 170000 Menschen. Nach der Eroberung durch den Orden, waren sie etwa auf 40% dezimiert. Bemerkenswert ist noch der sehr lang anhaltende Widerstand der Samländer.
  • "Dem Deutschen Orden gegenüber nahmen die Samländer ebenfalls eine besondere Stellung ein: Sie verhielten sich zunächst abwartend, und auch der der Orden vermied zwei Jahrzehnte lang einen Angriff.
  • 1246 wurden bei den Kämpfen südlich des Pregels gefangene junge Samländer nach Lübeck zu sorgfältiger Bekehrung und Taufe gesandt.
  • Ein erster kriegerischer Vorstoß des Christburger Komturs im Winter 1252/1253 gegen Germau hatte keinen Erfolg.
  • Erst der Feldzug König Ottokars v. Böhmen mit seinem starken Kreuzfahrerheere, ebenfalls über das vereiste Haff, im Januar 1255 durch die Gebiete von Medenau, Rudau, Quednau, Waldau, Kaimen und Tapiau führte zur Unterwerfung, wozu die inzwischen entlassenen, getauften jungen Adligen beigetragen haben werden.
  • Im großen Aufstande von 1260 blieben viele samländische Adlige dem Orden treu - ihre Namen sind urkundlich erhalten -, so dass hier bereits 1264 Ruhe eintrat, wenn auch noch nicht ohne gelegentliche Widerstände." [4]

Diözese Samland

Das Samland und umliegende Gebiete um 1925
  • "Von der preußischen Landschaft ist zu unterscheiden die Diözese Samland, die das ganze Ordensgebiet nördlich des Pregels umfasste, wie 1246 durch den päpstlichen Legaten Wilhelm v. Modena bestimmt worden war, von dieser wiederum die Territorien des Bischof und des Domkapitels. Die erste Landesteilung zwischen Orden und Bischof hat sich nicht durchgesetzt: Bestand hatte erst die von 1322, die auch weiter nach 0sten auf das inzwischen eroberte Nadrauen hinübergriff. Das bischöfliche Territorium zerfiel in drei Stücke, ein westliches mit Fischhausen, einen Streifen, der östlich von Königsberg begann und, das Meer nicht berührend, ans Kurische Haff reichte, und ein östliches im Norden von Insterburg in dem flachen Bogen, den Inster und Pregel bilden, mit dem Hauptort Georgenburg.
  • In die Frische Nehrung und die Bernsteinküste bis Palmnicken musste sich der Bischof mit dem Orden teilen. Ein Drittel dieses bischöflichen Drittels war in Streulage dem Domkapitel zugewiesen. Auch die Kurische Nehrung rechnete bis zum mittelalterlichen Tief bei Pillkoppen zum Samland. Der Orden hatte zunächst, ebenso wie der Bischof einen besonderen Vogt für das Land, nach 1404 gehörte es unmittelbar zur Komturei Königsberg. Das Waldgebiet in der nordwestlichen Ecke um St. Lorenz und Heiligkreuz bevölkerte der Orden 1283 mit umgesiedelten Sudauern; es hieß bis in die neueste Zeit der »Sudauer Winkel«.
  • Die samländischen Freien preußischer Abstammung mit ihren zu Kriegsdiensten verpflichteten Gütern waren eine sichere Stütze des Orden. Der Hochmeister Heinrich v. Plauen verlieh ihnen 1413 freie Fischerei im Kurischen Haff nebst Weide und Holzung in den Ordenswäldern. Das war ein wirksamer wirtschaftlicher Ausgleich für die starke militärische Inanspruchnahme. Erst zu Ende der Ordenszeit hat die unberechtigte Heranziehung der Freien zu bäuerlichen Diensten (Scharwerk) von seiten der Großgrundbesitzer und Amtleute das gute Verhältnis derart unterhöhlt, dass sich 1525 offener Aufstand eben dieses Bevölkerungsteiles erhob. Er brach jedoch schnell zusammen, weil die erwartete Beteiligung der Gewerke in Königsberg ausblieb und die Natanger Freien keine rechte Hilfe leisteten. Die Folge dieses Fehlschlages war verstärkte Unterdrückung, die sich zu besonders schroffen Standesunterschieden steigerte, bis 1807 die Erbuntertänigkeit aufgehoben wurde.
  • Der samländische Kreis nach der Säkularisation von 1525 umfasste, wie die alte Diözese, nunmehr evangelischer Bischofssprengel, das ganze Gebiet nördlich des Pregels. Von den neu gebildeten Hauptämtern waren Fischhausen, Schaaken und Tapiau die angesehensten, weil sie nebst Brandenburg die vier Oberräte des Herzogs stellten. In der Schwedenzeit 1626-1635 stand das Samland unter schwedischer Sequesterverwaltung.
  • Die Kreiseinteilung des 19. Jh. bildete aus dem westlichen Samland den Kreis Fischhausen, der 1939 in Kreis Samland umgetauft wurde; vom östlichen wurde die anschließende Hälfte der Landkreis Königsberg; in den Rest bis zur Deime teilten sich die Kreise Labiau und Wehlau.
  • 1945 war das Samland das letzte Stück Heimat, um das ostpreußische Regimenter gekämpft und das ostpreußische Menschen gesehen haben, ehe sie in Pillau die Schiffe erreichten. [5]

Sprachdenkmäler

Das Vaterunser

Problematisch waren die verschiedenen Dialekte. So heißt z.B. der Bär "clokis" (bartisch), "klokijs" (samländisch), tlokijs" (samländisch und zemaitisch), "tlakis" (sudauisch) und "meška" (schalauisch-nadrauisch). "Da die Sprache in viele Mundarten getheilt war, so hatte man den Einfall, aus allen Mundarten eine allgemeine zusammen zu setzen, welche allen gleich verständlich seyen sollte. Aber da sie im Gegentheil allen unverständlich war, so arbeitete man ihn noch in eben dem Jahr um, und legte dabey die Samländische Mundart als die bekannteste zum Grunde." (J.S. Vater).

Vaterunser in gemischter Mundart

  • Thawe nuson kas tu asse Angangon,
  • Swintits wirst twais Emmens;
  • Pergeis twais Laeims;
  • Twais Quaits audasseisin na Semmey, key Andangon;
  • Nusan deininan Geittin deis numons schindeinan;
  • Bha atwerpeis numans nuson Auschautins, kay mas atwerpimay nuson Auschautenikamans;
  • Bha ny wedais mans Enperbandan;
  • Sclait is rankeis mans assa Wargan. Amen

Siehe auch


Weblinks

Literatur

  • Bartsch, Charlotte: Das Amt Grünhof im Samland 1600 und 1745 bis 1750 in Jacob Heinrich Serneken summarischer Entwurf des Geehrten und Gelehrten Thorns, Hamburg 1981
  • Blažiene, Grasilda: Hydronymia Europaea, Sonderband II, Die baltischen Ortsnamen im Samland, Wolfgang Schmid Hrsg., Steiner Verlag Stuttgart 2000
  • Crome, Hans: Die Burgen der alten Preußen, 1926, in „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Ost- und Westpreußens 1926-1931, Tolkemita-Texte Dieburg“
  • Engel, Carl, Vorgeschichte der altpreußischen Stämme, Königsberg 1935
  • Forstreuter, Kurt: Die Entwicklung der Nationalitätenverhältnisse auf der Kurischen Nehrung, Altpreuß. Forschungen 1931, S.239-261
  • Gaerte, Wilhelm: Das altpreußische Weiberfest, Tolkemita-Texte Dieburg
  • Gaerte, Wilhelm: Urgeschichte Ostpreußens, Gräfe und Unzer, Königsberg 1929
  • Gaerte, Wilhelm: Volksglaube und Brauchtum in Ostpreußen, Würzburg 1956
  • Gause, Fritz: Königsberg in Preußen, Rautenberg 1987
  • Gerullis, Georg: Die altpreußischen Ortsnamen, Berlin, Leipzig 1922
  • Gimbutas, Marija: Die Balten, Herbig Verlag 1983
  • Kulakov, V.I. Silbertauschierte Artefakte aus der Wikingerzeit, in: Zur Vorgeschichte der Prußen, Tolkemita-Texte 54 Dieburg 1998
  • Kulakov, W.I.: Die Alten Prußen (5.-13. Jahrhundert n.Chr.), Russian Academy of Sciences, Institute of Archaelogy, Moscow “Geoeco” 1994, Volume 3
  • Lietuvos istorijos atlasas, Briedis Vilnius
  • Mannhardt, Wilhelm: Letto-Preussische Götterlehre, Riga 1936
  • Mortensen, Hans: Siedlungsgeographie des Samlandes, Stuttgart 1923
  • Mortensen, Hans u. Gertrud: Die Besiedlung des nordöstlichen Ostpreußens bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts; die preußisch-deutsche Siedlung am Westrand der großen Wildnis um 1400, Leipzig 1937
  • Peteraitis, Vilius: Mažoji Lietuva ir Tvanksta, Vilnius 1992
  • Peteraitis, Vilius: Mažosios Lietuvos ir Tvankstos Vietovardžiai, Ju kilme ir reikšme, Vilnius 1997
  • Russwurm, C.: Heilige Bäume, in Inland, Nr.17, Jg.1857
  • Salemke, Gerhard: Lagepläne der Wallburganlagen von der ehemaligen Provinz Ostpreußen, Gütersloh, 2005
  • Schlüter, Otto, Wald, Sumpf und Siedlungsland in Altpreussen vor der Ordenszeit, Halle 1921
  • Tettau, v.: Volkssagen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens, Berlin 1837

Einzelnachweise

  1. Hermanowski, Georg: Ostpreußen Lexikon, Adam Kraft Verlag Mannheim 1980,S262
  2. Zaunert, Paul: Alt wie der Wald, ostdeutsche Sagen und Historien, Eugen Diederichs Verlag Düsseldorf, 1955
  3. Hermanowski, Georg: Ostpreußen Lexikon, Adam Kraft Verlag Mannheim 1980
  4. Handbuch der historischen Stätten Ost- und Westpreußen, Kröner Verlag, 1966-1981, Seite 196-197
  5. Handbuch der historischen Stätten Ost- und Westpreußen, Kröner Verlag, 1966-1981, Seite 196-197