Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/005

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Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)
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Instructionsbuch fuer den Infanteristen.djvu
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Bild Fahne I Bild Fahne II

      Auf dieses Sinnbild aller Pflichten und Ehren des Soldatenstandes muß der junge Soldat bei seinem Eintritt in der Armee den Fahnen-Eid leisten und sieht sie bei dieser Gelegenheit zum ersten Male in ganz anderer Bedeutung, als er sie vielleicht bis dahin bei Paraden und Uebungen gesehen. Gewöhnlich wird sie erst in einer und seiner Ersatz-Genossen Gegenwart aus dem Ueberzuge von schwarzer Wachsleinwand genommen, welche oben eine messingene Spitze hat, an der sich außerhalb, bei denjenigen Bataillonen, die schon den Befreiungskrieg von 1813 -15 gegen Napoleon mitgemacht, das Eiserne Kreuz befindet, während alle anderen nur den verschlungenen Königlichen Namenszug unter einer Königskrone führen. Dies Ueberzüge sind dazu dah, um da Fahnentuch gegen Nässe, Witterungwseinflüsse und gegen die Bajonettspitzen zu schützen, in welche der Wind die flatternde Seide bei Marsch- und Gefechts-Formationen leicht hineintreibt und sie dadurch zerreißt. Bei großen Paraden, feierlichen Gelegenheiten und wenn es zum Gefecht geht, werden dies Ueberzüge abgenommen, das Fahnentuch, wo ein solches noch vorhanden ist, aufgerollt und so das Feld- und Ehrenzeichen entfaltet, wie dies zuletz auch in der Schlacht bei Königgrätzgeschehen ist, wo alle Bataillone mit fliegenden Fahnen gegen den Feind avancirten.

      Je nach den Anordnungen der Vorgesetzten wird nun die Vereidigung auf die Fahne entweder in der Kirche, in der Kaserne, auf dem HOfe derselben oder auf öffentlichenPlätzen, in einzelnen Fällen auch in der Wohnung des Regiments- oder Bataillons-Commandeurs vorgenommen, Der junge Soldat legt die Schwurfinger oder die gane Hand auf die Fahne undspricht nun, nachdem ihm die Kriegs-Atrikel vorgelesen worden sind, den Soldaten-Eid.

      Ist in besonderen Fällen die FAhne nicht zur Hand, wenn z. B. der Truppentheil ausmarschirt ist, so erfolgt der eid auf den gezogenen Degen des Offiziers, welcher unter diesen Umständen ganz dieselbe Bedeutung wie die Fahne hat.

      Der Eid lautet:

"Ich -- hier wird der eigene Name genannt -- schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen einen leiblichen Eid, daß ich Sr. Majestät dem Könige von Preußen Wilhelm dem Ersten, meinem Allergnädigsten Landesherrn, in allen Vorfällen, zu Lande und zu Wasserm in Kriegs- und Friedenszeiten, und an welchem Ort es immer sei, treu und redlich dienen, Allerhöchstdero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachtheil aber abwenden, die mir vorgelesenen Kriegs-Artikel und die mir ertheilten Vorschriften undBefehle genau befolgen und mich so betragen will, wie es einem rechtschaffenen, unverzagten, Pflicht- und ehrliebenden Soldaten eignet und gebührt. So wahr mir Gott helfe zur ewigen Seligkeit."

      Katholiken sagen statt des letzten Satzes: "So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium."

      Dieser Eid ist es keineswegs allein, welcher den Preußischen Unterthan zur Erfüllung seiner Pflichten als Soldat verbindlich macht, denn mit diesen Pflichten sind wir Alle schon geboren, weol wir eben unter dem, seit 55 Jahren geltenden Gesetze der allgemeinen Dienstpflicht stehen, also auch die Vorschriften zu erfüllen haben, welche der Soldatenstand jedem Einzelnen zum Wohle des Ganzen auferlegt. Vor diesem Gesetze sind alle Preußen gleich. Der Sohn des Vornehmen wie des Bauern, des Gelehrten wie des Handwerkers muß senem Vaterlande einige Jahre dienen; erst drei Jahre hintereinander, um das zu lernen, was er zur Vertheidigung desselben wissen, verstehen und kennen muß, und dann je nachdem es Noth thut, bis zu seinem reifen Mannes-Alter. Niemand kann sich in Preußen dieser ersten und vornehmsten Pflicht jedes Unterthans entziehen, und