Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/025

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Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)
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seinen Vorgesetzten vollständig zu machen versteht und die nöthige Unterweisung dafür empfangen hat. Ueber die verschiedenen Arten Honneurs wird ein besonderer Abschnitt Red' und Antwort geben.

      Praesentieren --gesprochen wie geschrieben -- wörtlich: vorzeigen, darbieten, überreichen, zeigen. Das Präsentieren des Gewehrs ist ebenfalls eine Ehrenbezeigung, also ein Honneur, Wie der Soldat das Gewehr präsentirt, wird ihm auf dem Exercirplatze schon genügend klar gemacht werden, und bei welchen Gelegenheiten es zu geschehen hat, in stiller abendlicher Instruktionsstunde ebenfalls. Die Bedeutung des Präsentirens wollen wir uns aber hier schon klar machen. Wie man im bürgerlichen Leben die Kopfbedeckung, welche als Zeichen der Freiheit und Unabhängigkeit gilt, vor Jemand abnimmt, dem man Achtung beweisen will, so deutet das Präsentiren des Gewehrs beim Soldaten an, daß er bereit ist, das Theuerste und Beste, was er besitzt, aus seinen Händen zu geben. Darum hält er das Gewehr mit beiden Händen vor sich hin -- die unbehülflichste Stellung für den Ernstgebrauch seiner Waffe -- zeigt sie, damit man sehen kann, ob sie vollständig in Ordung ist, und erkennt dadurch das Recht seines Vorgesetzten an, ihm das Gewehr aus der Hand zu nehmen, was er keinem andern lebenden Wesen gestatten soll, so lange er lebt und gesunde Glieder hat. Der Präsentirgriff ist darum auch der Einzige, welcher nicht zur Handhabung des Gewehrs für seinen eigentlichen Zweck gehört, und soll dem Vorgesetzten eben nur die ihm gebührende Ehre erweisen.

      Parade -- gesprochen wie geschrieben -- heißt eine Ausstellung zur Schau, eine Entfaltung von Pracht und Schmuck, eine Musterung, eine Heerschau. Die erste Parade, welche ein junger Soldat mitmacht, ist auch das Ende der schwersten Zeit seiner Ausbildung; denn mit dem Erscheinen bei einer Parade ist ihm auch das Zeugnis ausgestellt, daß er von seinen nächsten Vorgesetzten für fähig erklärt worden ist, mit seinen älter gedienten Kameraden zusammen vor seinen höheren Vorgesetzten zu erscheinen, soweit es Stellung und Bewegung in der Compagnie oder im Bataillon betrifft. Bei der Parade ist bis auf das Schießen, den Felddienst und die sonstigen Dienstkenntnisse Alles zu beurtheilen, was der Soldat erlernt hat und auszuführen fähig ist. Anzug, Haltung Ausrüstung, guter Zustand der Waffen, Fühlung und Richtung im Gliede, Gleichmäßigen Handhabung des Gewehrs, Appell und Einfügung in das Ganze. Darum hat die Parade auch eine solche Bedeutung für jeden Soldaten, ganz abgesehen davon, daß ihm das Gefühl des Zusmmengehörigkeit mit dem großen Ganzen, die Pracht und der Schmuck der ganzen Veranstaltung, sowie die Erkenntniß der Macht und Kraft, welche in einem Heer liegt, erst den rechten Stolz und das Selbstgefühl für seinen Stand beibringt. Es giebt sehr verschiedene Paraden. Die große Parade, die Wachtparade, die Schnurparade des Lehr-Infanterie-Bataillons, die Compagnie-, Bataillons- und Regiments-Vorstellung, die Kirchenparade, die Leichenparade. Vor der Hand hat aber der junge Soldat noch Nichts mit diesen Paraden zu thun; also bedarf es auch noch keiner weiteren Erklärung, und wo eine Erklärung nöthig werden sollte, wird sie ihm schon auf dem Exercirplatz begebracht werden.

      Exerciren - sprich: Ekserziren -- heißt, nach dem ursprünglich französischem Worte, üben, einüben, etwas treiben, drillen also jede Wiederholung dessen,was dem Soldaten einmal gezeigt, gelehrt oder beigebracht worden ist, und wird sowohl von einem einzelnen Manne, als von einem ganzen Armee-Corps gebraucht. Wie jede Einübung in jedem Stande und jedem Berufe, ist das Exerciren beim Soldaten nicht allein eine Nothwendigkeit, sondern eine ihn ehrende Beschäftigung, weil er sie stets unter Beobachtung aller Regeln und Vorschriften seines Standes auszuführen hat und er sich jeden Augenblick bewußt bleib, daß er Alles, was von von ihm verlangt wird, in seinem Verhältniß zum großen Ganzen, seiner Zusammengehörigkeit zu Hunderttausenden von Kameraden thut. Darum ist es auch falsch, wenn man Nachexerciren als eine Strafe betrachtet. Wäre es eine Strafe, so würde ja auch der Vorgesetzte, welcher das Nachexerciren zu leiten hat