Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/048

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Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)
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das doch anders, wenn beim Zusammentreten des Transports nach der Garnison zum ersten mal Stillgestanden! Pfeifen weg! kommandirt wird, als damals bei der Stellung vor der Kreisersatz-Commission, wo jeder noch sein eigener Herr war, wo manchmal ein wüster Lärm herrschte, die Schnapsflaschen umhergereicht und schnodderige Redensarten geführt wurden, die Gendarmen sagten: Bitte, meine Herren, sich ruhig zu verhalten! und die Gewißheit vorhanden war, Mittags noch "bei Muttern" zu essen. Das ist sofort anders, wenn zum ersten Male der Offizier vor der Front erscheint, der Ausgehobene nicht weiß, wo er diesmal zu Mittag essen oder Abends zu Bett gehen wird, wo er weiß und vielleicht gleich sieht, daß bei den Soldaten die Strafe dem Vergehen oder auch nur dem Verstoße, dem vorlauten Wort oder der bemerkbaren Widerwilligkeit auf dem Fuße folgt. Er merkt nicht allein, daß er seinen Willen dem seiner Vorgesetzten unterzuordnen hat, sondern auch, daß er mit seinen Kameraden in gutem Einvernehmen leben muß, deren Rath, Hülfe und Unterstützung ihm von nun an bis zur Ausstellung seines Führungs-Attestes unentbehrlich ist. Die erste Gemeinschaft auf dem Transporte löst sich allerdings bald wieder; aber der junge Soldat wird während des Marsches bis zu seiner künftigen Garnison schon bald fühlen und verstehen gelernt haben, wie wichtig es für ihn ist, wenn Andere gute Kameradschaft mit ihm halten wollen. Mit der Zutheilung zu einer Quartier-Genossenschaft oder Corporalschaft tritt aber ein für mehrere Jahre dauerndes Zusammenleben an ihn heran, in welchem er nach seinem Gutdünken und Willen keine Aenderung hereizuführen vermag, dessen Gesetzen und Gewohnheiten er sich also unbedingt unterwerfen muß, wenn er sich nicht sebst sehr unangenehme Erfahrungen bereiten will.

      Soldaten sind keine kleinen Kinder, und ihnen in einem Instruktionsbuch vorerzählen, was Alles zu einer guten Kameradschaft gehört, ist ein sehr überflüssiges Bemühen. Das hat jeder schon im väterlichen Hause, in der Schule, beim Religions-Unterricht vor der Einsegnung und im Umgange mit seinen Gespielen und Jugendfreunden hinreichend erfahren. Er Braucht eben nur das auszuüben, was ihm von seinen Eltern, seinen Lehrern, seinen Geistlichen und seiner eigenen Erfahrung schon gelehrt worden ist, so macht sich die Sache ganz von selbst und bedarf keiner besonderen Instruktion, und wenn es dessenungeachtet einer besonderen Instruktion bedürfen sollte, so werden ihm dies die Stuben-Aeltesten, die Alten und die Inspektions-Offiziere schon angedeihen lassen, manchmal auch die Stuben-Kameraden selbst, und dann gewöhnlich am nachdrücklichsten. Für gewisse Verhältnisse, die dem Soldatenstande eigenthümlich sind, ist es aber doch gut, wenn der junge Soldat gleich weiß, woran er ist, damit ihm diese Nachdrücklichkeiten erspart bleiben.

      Wie in der Schule die Neueingetretenen oder in eine höhere Klasse Versetzten Pennale, oder die jungen Studenten, wenn sie die Universität beziehen, Füchse genannt und von den älteren Schülern oder Studenten über die Achsel angesehen und bevormundet werden, so geht es dem Rekruten auch von den Alten, die wenigstens ein Jahr lang da Alles schon durchgemacht haben, was der junge Soldat erst durchmachen soll. Da läuft denn manchmal Uebermuth, Unfreundlichkeit und Herrschsucht mit unter. Die Alten machen sich lustig über das Ungeschick der Jungen, wenn sie auch selbst vor einem Jahre noch nicht um ein Haar geschickter gewesen sind, spielen gern den Vorgesetzten und möchten die Neulinge nicht gern für voll gelten lassen. Neckereien, Verweise und "Witze", manchmal recht handgreiflicher Natur, stellen die Geduld des jungen Soldaten auf die Probe, und wenn er es ein Jahr lang ruhig erträgt, macht er es mit den dann Eintretenden - - - gerade eben so! Das ist in der ganzen Welt und in allen Verhältnissen genau dasselbe; Handwerksgesellen, Matrosen u.s.w. haben dafür sogar besondere, alt hergebrachte Gebräuche, denen sich die Neulinge unterwerfen müssen, und wenn es ihnen noch so unbequem ist. Daher ist für dieses Verhältnis ein gutes Wort des