Stadtgericht Haltern

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Amtsgericht Haltern, Gerichtswesen im Münsterland: In oft kurzen Zeitabschnitten erlebten wir im Münsterland unterschiedliche, oft gegensätzliche politische Systeme: Feudalismus, Einzug der Moderne unter Napoleon, preußisches Kaiserreich, Weimar, NS-Staat, Besatzungsregime die Bundesrepublik. Dabei wurden Rechtsordnungen wie Wäschestücke gewechselt. Was blieb waren die Juristen und nahezu sämtliche Führungsstäbe des jeweiligen Systems, auch auf der regionalen Ebene.

Historische Hierarchie

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Zeitschiene vor 1803

Haltern, ein Ravensberger Vogteigericht

1226 Als Vogt - (Advocatus) des stiftischen Haupthofes „super curiam Haltern et omnia“ wird am 04.05.1226 Otto von Ravensberg genannt. Sein Bruder Ludwig wird durch Teilungsvertrag Vogt von Borghorst.

Tibus sprichtvon einem „iudicium in Halteren“ welches in verschiedenen Urkunden aus dem Jahre 1285 erwähnt wird. Er führt wörtlich an: „Dieses Gericht ist verschieden sowohl von dem Stadt- als vom Gogericht."

Ein Vogteigericht übte eine landesherrliche oder Hochgerichtsbarkeit aus: bei schweren Verbrechen, die mit hohen Strafen, insbesondere der Todesstrafe, bedroht waren. Der Vogt wurde von dem Landesherrn, hier die Grafen von Ravensberg als Besitzer der Vogteirechte, ernannt. von 1166 - 1240 übten die Grafen von Ravensberg auch die Vogtei über das Stift Flaesheim und den Oberhof Bossendorf aus. Außerdem besaßen die Ravensberger die angrenzenden Freigrafschaften Heiden und Merfeld, von wo aus sie im Erbweg an Kleve gingen (RAR).

Lippramsdorf, Haltern und der nach Haltern gehörende Oberhof Bossendorf waren nicht in die Freigerichtsbarkeit Merfeld oder Heiden einbezogen, ein Freistuhl befand sich aber in der Bauerschaft Kusenhorst im Kspl. Lippramsdorf und, im Flurnamen nachzuweisen, ein weiterer im Linnert bei Sythen.

Es kann also angenommen werden, dass vor 1300 eine eigenständige Frei- oder Vogteigerichtsbarkeit um Haltern (wie in Soest) bestand, welche sich zumindest von Lippramsdorf, über Haltern bis über Hullern und Flaesheim hinaus erstreckte. Ein Zusammenhang mit der ererbten Vogtei der Grafen von Ravensberg über Haltern kann angenommen werden, in ihrem Besitz befand sich auch die Oberhöf zu Lippramsdorf und Bossendorf. Bossendorf war später dem Richthof in Haltern unterstellt. Erste (belehnte) Vögte von Haltern wurden durch die Dülmener Burgmannsfamilie Bitter/Werenze gestellt, einer früheren Dynastenfamilie.

Über die Eigenhörigen des Hofes Haltern übte der Hofmeier, auch Schulte oder Amtmann genannt, die Gerichtsbarkeit aus, er war zugleich auch Holz- und Markenrichter. Seine Wohnung war der Richthof an der Kirche, auf dem Gelände der 1954 bestehenden Marien- und Richthofschule, im Kirchhofer Viertel.

Stadtgericht

Bereits vor der Stadtgründung am 03.02.1288 wurde in Haltern die "niedere Gerichtsbarkeit" ausgeübt, welche nach unseren Begriffen heute der polizeilichen Gewalt ähnelt. Dies Recht wurde später innerhalb der Mauern von der Stadt ausgeübt und betraf die Ahndung kleinerer Vergehen, welche innerhalb der Mauern und der Gerichtpfähle vorkamen.

Vor allem die zwischen den Bürgern sich ergebenden Zwistigkeiten forderten das Einschreiten des Ratsgerichts, das zunächst eine Einigung versuchte und zu diesem Zwecke jeden Straffall Schiedsmännern vorlegte. Konnte keine Einigung erzielt werden, so ging die Sache an den Richter. Sein Urteil war endgültig.

Durch die Erhebung des Ortes zur Stadt erhielt dieser in dem Stadtgericht eine erhebliche Erweiterung seiner rechtlichen Befugnisse. Dieses Gericht stand unter der Aufsicht des Bischofs, der den Richter ernannte. Dem Richter standen 2 Schöffen zur Seite. Der Rat war durch den Bürgermeister und den Rentmeister vertreten. Alle schweren Vergehen wurden von dem Stadtgericht abgeurteilt. Es verhängte schwere Strafen und übte im Mittelalter sogar das "jus gladii" aus, das Recht über Leben und Tod. Dieses Recht scheint ihr schon früh von dem fürstlichen Gogericht in Dülmen streitig gemacht zu sein, denn im Jahre 1488 kam es zu einer Verhandlung vor dem Richter zu Haltern, bei der dieser vor Zeugen bekunden liess, dass die Stadt das Recht habe, die Todesstrafe zu verhängen.

Anscheinend hielt die Stadt diese Gerichtsbarkeit zunächst bei, denn noch aus dem Jahre 1606 wird von der Hinrichtung eines Pferdediebes berichtet. Fürstbischof Ferdinand hob sie aber durch Verordnung vom 15.03.1627 auf. Sodann erklärte er in dem sog. Restitutions-Rezeß vom 15.03.1632: "Wir wollen Uns als Landesfürst dahin gnädigst erklärt haben, daß jegliche Art von Gerichtsbarkeit bei Uns und Unseren Nachfolgern verbleiben, auch in Unserem Namen von Unseren jetzigen und künftigen Richtern ausgeübt und bedient werden soll". [1]

Rechtsgrundlage

Allgemeines Recht

Markenrecht

Protokolle der historischen Gerichtsbarkeit

  • Quelle heimat- und familienkundlicher Forschungen, so u.a. in Streitfällen, Ahndungen gegen Verstöße, Erbschaftsangelegenheiten und Vertragsabschlüsse (Kontraktenprotokolle) ermöglichen Einblicke in Nachbarschaften, Beziehungen, familiäre Verbindungen, Todesdaten, Aussagen zur Mobilität und Profession, zu persönlichen Eigenheiten, Rechten und Verpflichtungen. Sie enthalten oft auch Angaben zu Wohnorten, lokalem Leben, Gebräuchen und den Alltag. In den Aufzeichnungen der hohen Gerichtsbarkeit finden sich die Protokolle der Hexenverfolgungen wieder. Zeitlich reichen sie oft über die Kirchenbuchdaten hinaus.

Regionalgerichte

Erste Richter des Halterner Richthofes

  • 1440 Ghert, Richter des Bischofs Heinrich von Moers zu Münster in Haltern.
  • 1454 Diederich de Suer, Richter zu Haltern
  • 1471 Henrich von Neym, Richter zu Haltern des Bf. Heinrich von Swartzenborgh zu Münster
  • 1493 Übertragung des Richthofes auf Lebenszeit an Jürgen von Asbeck
  • 1491 Johan Serges, Richter zu Haltern
  • 1495 Jürgen von Asbeck, Richter zu Haltern
  • 1548 Übertragung des Richthofes auf Lebenszeit an Konrad Ketteier und einen seiner Söhne (Haus Sythen).
  • 1613 Rudolf Sutan Richter in Haltern und angeordneter Richter zum Gericht Herrlichkeit Ostendorf.
  • 26.07.1678 Bernhardt Nielandt, Gograf des Amtes Dülmen, Richter zu Haltern und der Herrschaft Ostendorf

Notare aus und in Haltern

Notariatsmartrikel des Fürstbistums Münster.

  • 28.07.1581 Goswin Alstedt aus Borken, apost., et. imp., auct., Fiskal in Haltern
  • 15.03.1600 Heinr. Gerdinck aus Haltern, apost., et. imp., auct.,
  • 17.05.1606 Arnold Tegeder (Thier) aus Halteren,
  • 27.05.1606 Joh. Hubert aus Haltern
  • 16.11.1609 Johann Tyr aus Haltern, imp., auct.,
  • 12.04.1681 Heinr. Aventroet aus Haltern
  • 09.07.1715 Heinr. Wösthaus aus Haltern
  • 28.09.1729 Theod. Wilh. Fischer, geb. in Haltern, imp., auct.,
  • 02.01.1745 Heinr. Brox, geb. in Haltern, imp., auct.,
  • 13.11.1771 Joh.Rudolf Anton Kuntzen, geb. in Haltern
  • 09.03.1788 Christ. Bernh. Markers, geb. in Haltern
  • 03.04.1798 Christoph Markers, geb. in Haltern
  • 12.09.1799 Anton Joh. Schulte, geb. in Haltern

1776 Stadt Haltern

  • 1776 Bürgermeister: Herr Henr. Thier
  • 1776 Bürgermeister: Adolph Habich
  • 1776 Stadtsekretär: Dideric Wilhelm Fischer

1796 Stadtgericht Haltern

Amt Dülmen (historisch), Gericht, Beamte, Amtsbediente, Nebenbediente:

  • 1796 Richter: Franz Anton Maerle
  • 1796 Gerichtsschreiber: Henrich Brox
  • 1796 Fiskus: Benedikt Borns
  • 1796 Procurator: Anton Lange
  • 1796 Procurator: Franz Schütte
  • 1796 Procurator: Anton Schlüter
  • 1796 Gerichtsdiener: Henrich Winkelmann
  • 1796 Recept. Alexander Moll
  • 1796 Führer: Bern. Embting [2]

1802 Stadtgericht Haltern

Amt Dülmen (historisch), Gericht, Beamte, Amtsbediente, Nebenbediente:

  • 1802 Richter: Ferd. Joseph Redenbacher J.U.L. (=juris utriusque licentiatus)
  • 1802 Gerichtsschreiber: Franz Anton Schlichten
  • 1802 Procurator: Anton Lange
  • 1802 Procurator: Frieder. Schütte
  • 1802 Procurator: Franz Becker
  • 1802 Procurator: Adolph Legrand
  • 1802 Gerichtsdiener: Henrich Winkelmann
  • 1802 Rec. Alex Moll
  • 1802 Führ.: Bern. Jos. Embting
  • 1802 Vogt: Joh. Theod. Homann[3]

Landesherrlich gesetzliche Grundlagen

Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem Königlich Preußischen Erbfürstenthume Münster und in den standesherrlichen Gebieten Horstmar, Rheina-Wolbeck, Dülmen und Ahaus-Bocholt-Werth über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege, welche vom Jahre 1359 bis zur französischen Militair-Occupation und zur Vereinigung mit Frankreich und dem Großherzogthume Berg in den Jahren 1806 und resp. 1811 ergangen sind

Zeitschiene nach 1802

1812 Friedensgericht Kanton Haltern

Mairien 1812

Tribunal der 1. Instanz

Vor die Tribunale gehörten alle streitigen Eigentumsklagen, die nicht von den Friedensrichtern verglichen werden konnten, oder in denen nicht der Präfekturrat zu erkennen hatte. Sie behandelten gleichzeitig die korrektionellen Gegenstände bis zu Strafen von fünf Jahren Gefängnis und streitige Handelssachen. In Münster bestand für das Arrondissement auch ein eigenes Handelsgericht.

Preußische Gerichtsbarkeit

Preußisches Provinzialrecht

Siegelmarke Königliches Amtsgericht Haltern

Land- und Stadtgericht Haltern

Im Jahre 1815 wurde in Haltern ein Land- und Stadtgericht eingerichtet. Zum 01.01.1833 wurde dieses aufgehoben und mit dem Land- und Stadtgericht Dülmen vereinigt, in Haltern wurde von diesem Zeitpunkt ab ein Gerichtstag eingerichtet.

Gerichtsbezirk 1823: Die Stadt und das Kirchspiel Haltern, Lippramsdorf, Hullern, Hiddingsel, Lembeck, Wulfen, Hervest, Altschermbeck, Rhade, Erle und Holsterhausen.

  • Besetzung 1823
    • 1823 Land- u. Stadtrichter Markers
    • 1823 Aktuar Hr. Schulte
    • 1823 Rendant Hr. Surmann
    • 1823 Kanzlist Hr. Frey

Besetzungen

  • Land- u. Stadtrichter: Hülskötter (1815-1819)
  • Land- u. Stadtrichter: Ass. v. Olfers, (1815-1817/18)
  • Land- u. Stadtrichter: Markers (1815-1833)
  • Land- u. Stadtrichter: Ass. Schulte (1819/20)

Kreisgerichtskommission Haltern

Zum 01.01.1850 wurde Haltern Sitz einer Gerichtskommission, die dem Kreisgericht in Coesfeld angegliedert war. Die nötigen Geschäftsräume stellte die Stadt in ihrem 1575 erbauten Rathaus unentgeltlich zur Verfügung. Als Gerichtsgefängnis diente ein im Hofe stehendes besonderes Gebäude, das aber wegen seiner erheblichen baulichen Mängel später (1919) für den Strafvollzug geschlossen und 1928 an die Stadt zurückgegeben wurde.

  • Kreisrichter: Heitmann (1849-1852)
  • Kreisrichter: Drecker (1852-1861)
  • Kreisrichter: v. Kleinsorge (1861-1869)
  • Kreisrichter: Wenner (1870-1877)
  • Kreisrichter: Schultz (1877-1879)

Amtsgericht

Im Jahre 1879 erhielt Haltern ein Amtsgericht. Da die Räume im Rathaus sich auf die Dauer als für das Amtsgericht völlig ungeeignet erwiesen, wurde bereits vor dem ersten Weltkrieg die Errichtung eines neuen Geschäftsgebäudes in Erwägung gezogen. Der Plan kam jedoch nicht zur Durchführung, es wurden lediglich einige kleine bauliche Veränderungen vorgenommen.

Im März 1945 wurden die Geschäftsräume des Amtsgerichts durch Bomben völlig zerstört. Die Stadt brachte das Gericht zunächst in einem Privatgebäude Reckinghäuserstr. 28 unter, vermietete dann aber durch den Vertrag vom 24.01./23.08.1948 dem Justizfiskus das Erdgeschoss in ihrem früheren Amtsgebäude Recklinghäuserstr. 8 und vom 01.10.1951 ab das städtische Gebäude Recklinghäuserstr. 30. Um eine angemessene Unterbringung des Amtsgerichts in einem neuen landeseigenen Geschäftsgebäude zu ermöglichen und die etwa noch bestehenden Verpflichtungen abzulösen, stellte die Stadt durch Vertrag vom 07.08.1954 dem Lande Nordrhein-Westfalen ein 18,74 ar grosses Baugrundstück am Kardinal-Graf von Galen-Platz an der Ecke Dr. Conradstraße-Schmeddingstraße unentgeltlich zur Verfügung und verpflichtete sich zur Zahlung eines verlorenen Baukostenzuschusses von 50.000 DM. Das neue Geschäftsgebäude wurde Ende Juli 1957 seiner Bestimmung übergeben. [1]

  • Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Schultz (1879-1881)
  • Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Frehr. v. Korff (1881-1913)
  • Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Schulte (1913-1935)
  • Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Kauth (1936-1948)
  • Amtsrichter/Amtsgerichtsrat: Marx (1948-?)

Aufhebung des Amtsgerichts

Archiv

Bibliografie

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 1,2 Quelle: Oppenheim, Karl:Das Gerichtswesen im Münsterland (1954)
  2. Quelle: 1796 Hochstift Münsterischer Hof- u. Adreßkalender
  3. Quelle: 1802 Hochstift Münsterischer Hof- u. Adreßkalender
  4. Quelle: 1812 Almanach des Lippe-Departements für 1813, hrsg. v. J. v. Münstermann. Münster 1812
  5. Quelle: Schlüter, Clemens August Provinzialrecht des Fürstenthums Münster...- (Leipzig 1829)

Weblinks

Offizielle Webseiten

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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