Westfälisches Erbfolgerecht

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Amtssprache

  • Anerbengut
1793 Anerben
Anerbe oder Anerbin bezeichnet einen Erben oder nächsten Erben und wird am häufigsten für Gutserben eines Eigenbehörigen gebraucht [1]
1898 Bedeutung
Ein Anerbengut nach Anerbenrecht im Sinne des Gesetzes von 1898 konnte jedes Landgut durch Eintragung der Anerbengutseigenschaft im Grundbuch werden.

Das Anerbenrecht gilt… nur für die Abkömmlinge und die Geschwister des Erblassers sowie deren Abkömmlinge. Es tritt nur ein, wenn der Anerbe zugleich Erbe des Erblassers ist.
1898 Landgut
ist jedem ihrem Hauptszwecke nach zum Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft bestimmte und zur selbständigen Nahrungsstelle geeignete Besitzung, welche mit einem, wenn auch räumlich von ihr getrennten Wohnhause versehen ist.

Das Landgut besteht aus den zu einem wirtschaftlichen Ganzen verbundenen Grundstücken des Eigentümers. [2]

Erbfolgeordnung vor 1802

Das Erbfolgerecht entwickelte sich für die Anerben innerhalb und außerhalb der Stadtmauern stark unterschiedlich. Mit der Entwicklung der Rechtsprechung in der niederen Gerichtsbarkeit, unterschiedlich in Stadt und Land, prägten sich lokale Gewohnheitsrechte. Zu dem entwickelten sich innerhalb der Grundherrschaften eigene Hofgerichtsbarkeiten welche zu unterschiedlichen Entwicklunken im Marken- und Hofesrecht führten. Danach wurde lokal nebeneinander im Einzelfall nach Gewohnheitsrecht, genossenschaftlichem Hofesrecht oder auch jeweils geltendem Landrecht verfahren. Die jeweiligen Entwicklungen beeinflußten auch das Erbfolgerecht.

Hofgerichtsbarkeit und Erbfolgerecht

  • Rechte hofhörigen Untertanen, in Westfalen und Niedersachsen
  • Recht eines adeligen Hofes über die zu demselben gehörigen Eigenbehörigen
  • Rechte, wornach die über Hoflehen entstandenen Streitigkeiten entschieden werden
  • Das an den Höfen in dem Betragen gegen andere übliche Recht

Übergangszeit

Das Erbrecht auch bei Eigenbehörigkeit änderte sich mit der französisch geprägten Agrargesetzgebung des 19. Jhdts. im Westmünsterland besonders in der Übergangszeit von 1806 bis 1816 grundsätzlich in Westfalen.

Beschrieben wird die Entwicklung des Erbfolgerechts vor und während dieser Zeit für den Bereich des westfälischen Landwirtschaft eigentlich recht gut in "Beiträge zur Geschichte des westfälischen Bauernstandes" Hrg. Engelb.Frhr. von Kerckering zur Borg (1912) sowohl im Bereich

  1. Eigentum und erbzinsartiges Besitzrecht
  2. Meierrecht
  3. persönlich abhängiger Bauernstand (Eigenbehörigkeit)

Zeitliche Rechtsänderungen für Westfalen

  • Herzoglich Arenbergisches Gesetz vom 28.01.1808 (Code Napoleon)
  • Großherzoglich Bergisches Gesetz vom 12.12.1808 (Aufhebung der Eigenbehörigkeit)
  • frzs. - hanseatische Gesetzgebung (ab 1811 im Westmünsterland)
  • 1816 preußisches allgemeines Landrecht
  • Reform des Landrechts vom 13.07.1836
  • Gesetze vom 04.06.1856, vom 16.04.1860 und 22.07.1861 zum Landrecht
  • Landgüterordnung vom 30.04.1882 und schließlich die Entwicklung im zeitlichen Bürgerlichen Gesetzbuch zum Anerbenrecht.

Erbhofbauer und Altbäuerin

Dem zeitlichen Vokabular des Nationalsozialismus entsstammen die Begriffe Erbhofbauer und Altbäuerin. Die Basis dafür bot das Reichserbhofgesetz vom 19.09.1933. Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes sollten möglichst alle darunter fallenden Höfe in eine neu anzulegende Erbhofrolle eingetragen werden, deren Zahl im Laufe der Zeit variierte, durch Streichungen und Neuzugänge. Wegen zahlreicher Ausnahmeanträge nach dem Reichserbhofgesetz wurde eine eigene Gerichtsbarkeit über drei Instanzen eingerichtet.

  • 1. Instanz das Anerbengericht beim Amtsgericht als Vollzugsorgan der Erbhofpolitik
  • 2. Instanz das Erbhofgericht beim Oberlandesgericht
  • 2a. für Preußen: Instanz das Landeserbhofgericht in Celle, welches alle Erbhofgerichte Preußens in unterschiedlichen Senaten zusammenfaßte
  • 3. Instanz das Reichserbhofgericht in Berlin

Aufhebung der Erbhofgesetze und Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke durch Gesetz Nr. 45 der Britischen Militärregierung vom 20.02.1947.

Anerbengerichte

Die Erbhöferolle, Erbhofakten und die Sonderakten für die Streitachen konnten bei den regionalen Amtsgerichten geführt werden, so in Westfalen z.B.:

Fußnoten

  1. Quelle:Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch (Leipzig 1793-1801)
  2. Quelle: Gesetz betr. das Anerbenrecht bei Landgütern in der Provinz Westfalen und in den Kreisen Rees, Essen (Land), Essen (Stadt), Duisburg, Ruhrort und Mülheim a. d. Ruhr, vom 2. Juli 1898