Die Deutschen Personennamen/009

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Die Deutschen Personennamen
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Die Deutschen Personennamen.djvu
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Im Götz von Berlichingen fragt der Abt den Rechtsgelehrten Oleacius in betreff der deutschen Studierenden in Bologna:

„Kennen Sie nicht zum Exempel einen Junker? — Er ist aus Hessen —.“ Olearius: „Es sind viel Hessen da.“ Abt: „Er heißt — er ist —. Weiß es keiner von euch? — Seine Mutter war eine von —. Oh! Sein Vater hatte nur ein Aug' — und war Marschall.“ Liebetraut: „Von Wildenholz?" Abt: „Recht — von Wildenholz!“

W. von Kügelgen erzählt in seinem schönen Buche „Jugenderinnerungen eines alten Mannes“, wie ihm als Knaben eine Dame Grüße an seinen Vater aufgetragen habe. „Sie heiße Baumbach, und ganz unmöglich würde ich dies vergessen können, wenn ich an einen Baum denken wollte, der am Wasser sei. Ich bestellte meinem Vater später viele Grüße von Fräulein Weidewasser.“

So denkt man auch über Entstehung und Sinn der Namen nicht nach, über den eigenen allenfalls, über den fremden schwerlich. Scheinen die Namen doch mit ihren oft wunderlichen Formen der bloßen Laune ihre Entstehung zu verdanken,

Über die Gleichgültigkeit gegen die Familiennamen erheben sich die Meschen nur selten, etwa, wenn ihnen ein besonders auffälliger Name entgegentritt wie Apostel, oder wenn ihnen ein lächerlichklingender Name begegnet. Ich stelle einige solcher Namen zusammen, nicht um Spaß zu machen, sondern weil das Lächerliche vielleicht die Aufmerksamkeit für Tieferes weckt: ridentem dicere verum.

Hierher gehört es, wenn unser Schuhmacher Schneider, unser Schneider Becker, unser Bäcker Schuhmacher heißt, wenn unser Freund Kurz[1] Flügelmann bei der Garde wird, unser Bekannter Riese dagegen zu klein ist, um Soldat werden zu können, wenn


  1. Nicht jeder Kurz führt den Namen so mit der Tat wie der Kaufmann Kurz in Reuters Stromtid. In Kap. 19 geht er mit seinem Schwager, dem Rektor Baldrian, nach Rexow. Aber „Kurz hadd den Rekter tau sinen eignen Schaden tau de Spazirtur inladen, denn för en lütten Kirl geiht sick dat hellschen unbequem gegen so'n langschinkigen, un de Natur hadd dat, wat sei Kurzen an sine rechtmäßige Grött aftagen hadd, den Rekrer babenin taumeten. So wiren sei nu de Landstrat entlang gahn, un Rekter Baldrian hadd den Witz makt, sei beiden tausam kemen em as en richtigen Versfaut vör, den de Römer en Daktylus naumen deden, ümmer lang, kurz, kurz; lang, kurz, kurz. Dit müsste jo nu Kurzen argern, indem dat en slichtes Licht up sin Beinwark un sin Eigenschaften as Fautgänger smet; hei reckte also sine Schritten hellschen. — „Nun können wir für einen Spondäus gelten“, säd de Rekter. — „„Dauh mi den Gefallen, Swager““, säd. Kurz sihr argerlich un villstännig ut de Pust, „„un bliw mi mit dine Gelihrsamkeit von den Liw’; mi sweit’t so all aewer un aewer.““ — Ich werde öfters Stellen aus Dichtern anführen, die natürlich nicht Beweiskraft im wissenschafltichen Sinne haben. Aber ich will vor allem an Bekanntes anknüpfen, und meinen Lesern liegen Stellen aus Dichtern näher als solche aus Urkunden. Auch haben Scheffel, Freytag, Reuter, Scott, Dickens sich sicher bemüht, in den Namen, die sie ihren Personen geben, der Wirklichkeit möglichst nahe zu kommen, um so mehr, als es sich in den meisten Fällen um ein für die Dichtung und deren Inhalt gleichgültiges Nebengebiet handelt. Anderseits erfinden die Dichter oft auch Namen entsprechend der Beschaffenheit ihrer Personen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, so die des Sekretärs Wurm und des Hofmarschalls von Kalb in Kabale und Liebe; Wilhelm Meister heißt der Held einer Erzählung Goethes, und der Dichter lässt ihn mit seinem Namen mancherlei Gedankenspiele treiben. In Reuters Reise nach Konstantinopel erinnert sich Herr Groterjahn oft an seine Freunde zu hause Ohm und Bohm und Sohm und Dohm, und in Dickens Bleakhaus heiße die Lords, die nacheinander Einfluß auf die Regierung gewinnen, Boodle, Coodle, Doodle, Foodle und so fort durch das ganze Alphabet. (Lessing, Hamb. Dramaturgie 89-91.)