Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)/009

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Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)
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β. Verwandtschaft in der Biologie

      Im Gegensatz zu den künstlichen Begriffsschöpfungen der Juristen haben sin den biologischen Wissenschaften die natürlichen Verhältnisse eingehende Behandlung erfahren. Die dabei gefundenen Vererbungsgesetze, auf die von Gregor Mendel 1865 entdeckten Regeln sich gründend, und die durch Mikroskopie und Experiment gewonnenen Erkenntnisse von den Chromosomen und Genen sind schon so oft dargestellt worden, daß es zwecklos wäre, sie hier nochmals zu wiederholen. Es möge in ersterer Hinsicht verwiesen werden aud das ausgezeichnete Buch von Geppert und Koller[1], in letzterer z. B. auf das altbewährte Standardwerk von Baur-Fischer-Lenz[2] oder die außerordentlich klar geschriebene Einführung von R. Goldschmidt, denen ich hier aber noch das ebenso verdienstliche moderne Buch des schwedischen Gelehrten Dahlberg an die Seite stellen möchte[3], zumal es im Gegensatz zu den anderen ähnlichen Büchern die Erblehre betont vom Standpunkt der Humanbiologie behandelt.

      Auf Grund der Mendelschen Gesetze können in der Genealogie prinzipiell die Vws.-beziehungen zweier Individuen in Bezug auf ein oder mehrere Merkamle quantitativ verfolgt werden. In der Praxis erfordert dies eine Fülle von Einzelerkenntnissen, die meist nicht vorliegen, und ist auch dann ein schwieriges Unterfangen. In Ermangelung dieser Einzeldaten bleibt daher für allgemeine Betrachtungen nur die Möglichkeit des statistischen Vorgehens mit seinen Vorzügen und Nachteilen.

      An Stelle der bei der Reduktionsteilung der Geschlechtszellen erfolgenden, im Einzelfall ganz dem Zufall überlassenen Auswahl der zu vererbenden Gene, also der elementaren Erbeinheiten, müssen wir uns damit begnügen, die Verteilung des Erbgutes eines Ahns auf seine Nk. in der Gesamtheit der Einzelmerkmale als gleichmäßig anzunehmen. Das Charakteristische des „Mendelns“ ist dadurch zwar ausgeschaltet; wir können in einem Einzelfall nicht die Wahrscheinlichkeit der resultierenden Eigenschaften sicher voraussagen. Wir gewinnen aber eine exakte, im statistischen Durchschnitt für alle Eigenschaften gültige Definition der Vws.-quantität. An die Stelle der subtilen, geradezu raffinierten Verfahren, die die Natur für die ihr besonders „am Herzen liegende“ Vererbung von Eigenschaften von einem Individuum auf seine Nk. aufwendet (Zellkernteilungen, Crossing-over, x- und y-Chromosomen usw.), tritt bei uns ein echt primitives Analogon zum Mischen und Verdünnen von Flüssigkeiten: Mischt man zu gleichen Teilen zwei Ausgangsflüssigkeiten („Eltern“) und vermischt Proben der Mischung („Kinder“) wieder mit fremden Flüsssigkeiten („Ehegatten“), so hat man bei Fortsetzung dieser Verdünnung durch mehrere „Generationen“ ganz das Schema unseres Vorgehens. Wir vereinfachen


  1. Harald Geppert und Siegfried Koller: Erbmathematik. Theorie der Vererbung in Bevölkerung und Sippe. Lzg. 1938 (Quelle u. Meyer). 228 S.
  2. E. Baur, E. Fischer und F. Lenz: Menschliche Erblehre und Rassenhygiene. Mchn. 1936 u. 1940 (J. F. Lehmann), Bd. 1, 4. Auf., 796 u. 526 S.
  3. Rich. Goldschmidt: Die Lehre von der Vererbung. Bd. 2 der „Verständl. Wissenschaft“. Berlin 1927 (J. Springer). 218 S., 50 Fig.; Gummar Dahlberg: Vererbung und Rasse (Upsala 1940), deutsch von Josef Wagner, hamburg 1947 (Phönix-Verlag Christen & Co.), 164 S. mit 44 Fig.