Herforder Chronik (1910)/052

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Herforder Chronik (1910)
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und stattlich geartete Mädchen. Darauf verließen sie die Stadt (worunter wohl nur der befestigte Ort zu verstehen ist, in welchem sich das Kloster befand, die „Binnenborg“) schmückten sich mit königlichen Gewändern, kehrten dann zurück, suchten die Äbtissin auf und drangen in sie, daß die Jungfrau, um derentwillen sie gekommen, ihnen vorgestellt würde. Da trat sie hervor, auf den schneeigen Wangen mit der Flamme der Röte übergossen; und als wären glänzende Lilien gemischt mit roten Rosen, solche Farben bot sie auf ihrem Angesicht. Als Heinrich sie erblickte und die Erscheinung frisch empfand, heftete er sein Auge auf die Jungfrau, so sehr von Liebe zu ihr entzündet, daß das Verlöbnis keinen Aufschub erlitt.“ Ohne erst die Einwilligung der Eltern seiner Auserwählten abzuwarten, und mit alleiniger Billigung der Großmutter-Äbtissin, „ward sie mit Anbruch des nächsten Tages - nachdem in aller Stille das fürstliche Gefolge sich gesammelt hatte - von dort mit allen Ehren nach der Sachsen Heimat geleitet, bis das Hochzeitsmahl, ganz wie es so angesehenen und dereinst königlichen Personen ziemte, in Walehusen (Wallhausen, Kreis Sangerhausen) gefeiert wurde. Als Morgengabe verlieh er ihr die nämliche Stadt mit allem Zubehör.

Seine Burg am Abhange des Harzgebirges bestimmte Heinrich zur königlichen Pfalz, und in der auf der Höhe des Schloßberges von dem Königspaare erbauten Schloßkirche ließ er eine Krypta anlegen, welche dereinst seine und seiner Gemahlin irdische Ruhestätte werden sollte. Um den Schloßberg herum erstand die Stadt Quidilingaburg (Quedlinburg), wo Heinrich die Abtei gleichen Namens stiftete, die zu hoher Blüte kam und noch bedeutender als Herford wurde.

Ob Mathilde als Königin je wieder Herford besucht hat, ist nicht überliefert, doch mußte ihr die Erinnerung an Herford, an ihre sonnige Jugend im Frieden des Klosters und an das ihr dort entgegengetretene hohe Glück heilig und teuer bleiben.

Denn wem anders, als ihr und ihrer Vermittlung und Fürsprache ist es zu danken, daß nach der schweren Heimsuchung der Abtei durch die Hunnen der sie über alles liebende Gemahl dem geschädigten Kloster in seiner Urkunde vom 18. März 927[1] die von jenen Mordbrennern zerstörten Schenkungsurkunden früherer Könige erneuern ließ und noch neue Privilegien und Güter hinzufügte.

Ihrem schlichten Sinn lag es fern, als Gemahlin des mächtigsten und ruhmreichsten Herrschers der Christenheit durch Prachtentfaltung zu glänzen; ihren Ruhm erwarb sie auf anderem Gebiete. Sie verfehlte nie. Kranke und Schwache, von denen ihr Kunde zukam, zu besuchen und ihnen Labung zu reichen. Sie öffnete ihre Hand den Armen und entließ niemand ohne freundliche Worte und fast keinen ohne ein Geschenk oder eine Unterstützung, welche ihm nottat. Den Wanderern und Pilgern, welche sie von ihrer Zelle aus

  1. W. U. B. II Nr. 61.