Herforder Chronik (1910)/159

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Herforder Chronik (1910)
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der Werre zuzuleiten bestimmt war, so ist einerseits die Wahrnehmung, daß alle oben angeführten alten Wortformen „jehr“ ausgesprochen werden, anderseits die seit alten Zeiten und noch heute in Herford geltende Aussprache „Jehrenberg“ geeignet, uns in unserer Ansicht zu bestärken.

Vielleicht haben wir in dem Gehrenberg einen Hauptkanal zu sehen, der Nebenkanäle aufnahm, und in der Transaktion von 1643 a. a. O. S. 23 lesen wir von einem Abzugsgraben, Godde, hochdeutsch Gosse, genannt, der vor Adolf Scheffers Hause (jetzt Zigarrenhandlung Wessel) her in die Werre ging. Mit dieser Gosse kann nach dem ganzen Inhalt der betreffenden Stelle nur der aus dem Gehrenberg kommende Graben gemeint sein, denn das auf der gegenüberliegenden Seite befindliche Augustinerkloster hat sicherlich eine eigene, direkt in die Werre führende Leitung seiner Abwässer gehabt. Nach dem Brande des Menckhoffschen und Breitenbachschen Hauses am Alten Markt (19O9) fand sich beim Ausschachten des Baugrundes die Öffnung eines gemauerten Kanals, dessen Richtung zum Gehrenberg hinwies. Einer der obengedachten Nebenkanäle ist uns dem Namen nach bekannt, nämlich

2. der Kletterpohl.

Diese nicht mehr vorhandene Rinne muß sich nach Roses[1] Beschreibung neben dem Armenhospital zum Hauptkanal des Gehrenberges zwischen den Häusern hindurchgeschlängelt haben und mag seine Beseitigung wie die der Gehrenberggosse seinem üblen Gerüche verdankt haben. Auf diese böse Eigenschaft weist sein Name hin, denn wie pol, pul eine mit stehendem, unreinem Wasser oder Schlamm gefüllte Vertiefung bedeutet, so erinnert der erste Teil des Wortes an kladderig, d. h. schmutzig, schmierig, und Kleterpot ist im heutigen Plattdeutsch eine Pfütze, wo man sich beschmutzen kann. Welch freundliche Zugabe also der Kletterpohl für seine Umgebung war, kann sich jeder ausmalen.

Nach entgegengesetzter Richtung zog sich

3. die „Faule Godde“.

Ihr Lauf begann nicht weit vom Kletterpohl, ging von der Mausefalle, der heutigen Marktstraße, hinter den Grundstücken von Streuber, Rathaus I, dem Pastorenhause her, um bei der Sparkasse in die Aa zu fallen. Sie bildete in ihrem ganzen Laufe dort die Grenze der Freiheit. Ihr Name enthebt uns der Beschreibung ihrer Bestimmung. Ebenso

4. der „Faule Steg“.

Das war ein alter, vor kurzem noch vorhandener Weg, der neben einem erst vor wenigen Jahren zugeschütteten Schmutzgraben von der Klarenstraße abzweigend zwischen Gärten zum Eisgraben führte. Seine Aufgabe bestand darin, die Abwässer vom Alten Markt und den anliegenden Gebäuden aufzunehmen.

  1. Rose, a.a.O. III. Heft I, 128.