Herforder Chronik (1910)/170

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Herforder Chronik (1910)
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alten Wohnhäuser im Bürgerverein erscheinen. Doch kehrten sie ihre Giebel dem gemeinsamen Wege, der Straße, zu. So machte der werdende Ort den Eindruck eines Dorfes, bis sich die Lücken zwischen den Häusern mit neuen Wohnhäusern füllten und dadurch Straßenzüge entstanden, die, wie es nicht anders sein konnte, meist unregelmäßig breit und winkelig wurde». Eine Ausnahme davon machte auf der Altstadt nur die Bäckerstraßc, in welcher aber aucb noch vor nicht langen Jahren alle Häuser ihre Giebel nach der Straße zu stellten.

Bevor wir jedoch den Straßen einen Besuch abstatten, ist es notwendig, zuerst einen Blick auf den Markt zu werfen.

Der Alte Markt.

Besser müßte es der „Altstädter Markt“ heißen, das Volk liebt aber die Kürze und jeder Herforder versteht, was gemeint ist, wenn man vom Markt spricht. Ja, es hat sich sogar der niederdeutsche Ausdruck erhalten, und nicht wenige Herforder gehen noch immer auf „das Markt“.

Er hatte in alter Zeit eine viel größere Bedeutung als heute; hier spielte sich im Mittelalter das wirtschaftliche Leben ab, denn früh schon erhielt der Ort Marktgerechtigkeit, wodurch er erst Stadt wurde; hier wurde auch Gericht gehalten. Bei uns war zuerst die Äbtissin Herrin des Marktes, d. h. sie erhielt eine Abgabe von den ausstellenden Verkäufern, und der abteiliche Richter richtete über allerlei Zwistigkeiten, welche beim Kauf und Verkauf von Speisen usw. vorfielen und führte die Brüchten, d. h. die Strafgelder, an die Äbtissin ab. Späterhin übertrug sie das Marktgericht, welches nun Burggericht hieß, der Stadt.

Da damals weder in den den Markt umgebenden Häusern, noch viel weniger in den engen Gassen Schaufenster vorhanden waren, so war jeder, der seine Waren feilbieten wollte, genötigt, mit ihnen zu Markte zu ziehen. Dort durfte er aber keineswegs eine Stelle nach eigener Wahl belegen, sondern mußte sich zu seinesgleichen halten. Da standen nebeneinander die Metallarbeiter: Kupferschmiede, Kannengießer, Messerschmiede, auch Schwertfeger und Nadelmacher; dann die Lederarbeiter: Schuhmacher, Riemenschneider (Sattler), Holzschuher oder Hölscher, Lederhändler; ferner die Tuchhandler, Wollen- und Leinweber u. a. m. Einen besonderen Stand hatten die Knochenhauer (Fleischverkäufer), ebenso die mit Backwaren Handelnden. Im ganzen hat sich diese Marktordnung bis auf den heutigen Tag erhalten. Freilich fehlen einige Züge des alten in dem heutigen Marktbude: manche Handwerker hatten früher auf dem Markte bei ihrem Standorte zugleich eine kleine Werkstatt für Reparaturen oder gewünschte Veränderungen der gekauften Sachen, und nicht zu vergessen seien die Wechsler und Quacksalber. Die Wechsler, geradezu Geldhändler, waren bei den vielen zusammenkommenden Geldsorten nicht zu entbehren, denn der Herforder nahm nur landesübliche Münze in Zahlung an; der Wechsler machte sein Geschäft dabei. Und dann gab es schon damals eine große Anzahl von Leuten, die sich