Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/109

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
Inhalt
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[108]
Nächste Seite>>>
[110]
Chronik Spamer.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.


Viel Vergnügen machte mir das Singen,
Worin gern ich um den Vorzug rang,
Und ich konnte auch noch höher dringen,
Als die Schmehl, die sonst am höchsten sang.
Denn wir beide pflegten uns zu brüsten,
Daß wir immer bei der Dorfcapell'
Waren die zwei besten Discantisten,
Da wir beide sangen hoch und hell.
Wenn sie aber endlich mußte schweigen,
Blickte sie mich immer an mit Neid,
Daß ich höh're Töne konnte reichen,
Und der Sieger wurde in dem Streit.
Nicht so große Freude, als am Singen,
Hatte ich dagegen am Clavier;
Dazu mußte mich der Lehrer zwingen,
Darum bracht' er's auch nicht weit mit mir.
Aber mehr, als am Pianoforte,
Hatte ich an meinem Rumpelbaß,
Den ich spielte als Capell-Consorte
Bei Concerten, immer meinen Spaß.
Während sich mein Vater auf acht Tage
Hatte nach der Rabenau entfernt,
Hatte ich nach allgemeiner Sage
Meinen Baß passabel schon erlernt.
Als mein Vater war zurückgekehret,
Und am ersten Mittagstische saß,
Hat auf einmal er Musik gehöret,
Violinen vier und einen Baß.
Da er nun die Fulder Musikanten
Honoriren wollte vor der Thür',
Wir uns reichlich schon belohnet fanden
Dadurch, daß er hielte uns dafür.
Seine Ueberraschung war uns Freude
Und er dankte freundlich für die Ehr';
Auch erinn're ich mich noch bis heute,
Daß er den Bassisten lobte sehr.
Denn da er von Hause weggegangen,
Hatte ich doch dieses Instrument
Noch zu spielen gar nicht angefangen;
Dennoch strich ich's tapfer und behend.
Zu dem Lehrer Schmehl war ich gegangen
Eine Woche deßhalb in die Lehr',
Wurde nun ein Stückchen angefangen,
Spielte gleich ich's mit nach dem Gehör.
Konnten weiter Niemand wir erreichen,
Spielten im Concerte uns'rer Vier,
Schmehl und Bruder Theodor die Geigen,
Ich den Baß und Vater das Clavier.
Oefters nahm der Vater auch die Flöte
Oder auch die Harfe in die Hand,
Da er außer dem Clavier auch jede
Dieser beiden andern wohl verstand.
Doch noch stärker hat es dann geklungen,
Wenn auch Jeder brauchte seine Kehl',
Und wenn mit uns in die Wett' gesungen
Haben meine Mutter und die Schmehl.
Unter diesen angeführten Spielen
Hab' ich die der Knaben nicht versäumt,
Denn ich wuchs nicht an auf unsern Stühlen,
Und war auch nicht allzu fest gezäumt.
Alle unterdörfer Knaben waren
Damals uns, den oberdörfern feind,
Darum hatten sich auch beide Schaaren
Zu dem Kampfe brüderlich vereint.
Nahm einmal aus unserem Vereine
Einer in das Unterdorf den Weg,
Und verließ sich nicht auf seine Beine,
Dann bekam er richtig seine Schläg'.
Und um dieses wieder wett zu machen,
Und zu rächen die gekränkte Ehr',
Fielen wir im Oberdorf wie Drachen
Ueber jeden Unterdörfer her.
Höret, sprach ich drum einmal zu Allen,
Als wir liefern wollten eine Schlacht,
Einen Einzelnen zu überfallen,
Das ist feig! Es sei der Bund gemacht:
Jeder, der allein die Straße wandelt,
Soll in Frieden seiner Wege gehn;
Wer von heut an feindlich ihn behandelt,
Werde mit Verachtung angesehen!
Nur so lang sich die Parteien messen,
Soll die Feindschaft fernerhin bestehn;
Aber gänzlich sei sie auch vergessen,
Wenn wir aus dem Kampf nach Hause gehn!
Dieser Vorschlag wurde angenommen
Gerne von der ganzen Knabenschaft,
Und hat dadurch alsobald bekommen
Von dem Tage an Gesetzeskraft.
Anfangs, als die beiden Heereshaufen
Sich bekämpften mit den Händen bloß,
War es nur ein ordnungsloses Raufen,
Denn sie waren beide führerlos.