Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/123

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Durch das Wasser sahe ich im Sinken
Erst den Himmel blau und nachher grün,
Endlich aber gar nicht mehr erblinken,
Und da dachte ich: nun bist Du hin.
Damals hatte ich noch nie geschwommen,
Und deßwegen glaubte ich auch nicht,
Daß ich lebend werde wiederkommen
Aus der Tiefe an das Tageslicht.
Meinen Aeltern und noch andere Lieben
Sagte ich im Geiste schon Adieu,
Und ich fühlte innigstes Betrüben,
Daß ich nun sie nimmer wiedersäh'.
Plötzlich aber sah ich, daß nach oben
Mich das Wasser ganz von selber trieb,
Und es hatte bald mich so gehoben,
Daß der Mund mir überm Wasser blieb.
Um dem Tode eilig zu entrinnen
Suchte ich das nächste Ufer nun
Schwimmend wie die Hunde zu gewinnen,
Und mich an demselben auszuruhn.
Doch als ich versuchte mich zu stellen,
Und zu fassen wieder festen Fuß,
Ging ich nochmals unter in den Wellen,
Und es brauste über mir der Fluß.
Als ich tauchte wieder aus den Wogen,
Fing ich eine Weide mit der Hand,
Und an ihr hab' ich mich noch gezogen
Mit den letzten Kräften an das Land.
Aber als sich meine müden Glieder
Hatten auf der Wiese ausgeruht,
Sprang ich doch mit allem Fleiße wieder
An derselben Stelle in die Fluth.
Denn ich habe mich nicht mehr gescheuet
Vor der ausgestandenen Gefahr,
Sondern habe mich vielmehr gefreuet,
Daß ich nunmehr auch ein Schwimmer war.
Schlittschuh nach der Badenburg zu laufen,
War ich einst mit Kißner auf dem Weg,
Und es dachte keiner an's Ersaufen,
Oder daß das Eis zusammenbräch'.
Plötzlich sah ich eine breite Stelle,
Die noch gar nicht zugefroren war,
Und es war, als säh' ich in der Hölle
Aufgesperrten Rachen offenbar.
Kißner, rief ich warnend, bleib zurücke!
Doch ich selber war zu viel im Schuß,
Deßhalb sprang ich hoch im Augenblicke,
Und flog glücklich übern offenen Fluß.
Jenseit auf dem Eise fuhr ich weiter,
Bis ich endlich konnte halten ein.
„Nein, ein solcher Sprung,“ rief mein Begleiter,
„Sollt' man denken, könnt' nicht möglich sein!“
„Freilich,“ sprach ich, „doch ich will Dir sagen,“
„In der Welt hat Alles seine Zeit;“
„Sollte ich denselben nochmals wagen,“
„Thät' ich jetzt vielleicht ihn halb so weit!“
Als wir statt der blau-roth-weißen Mütze
Aufgesetzt den Candidatenhut,
Reizte doch noch zum Studentenwitze
Uns der jugendliche Uebermuth.
Zu dem ersten Male im Cylinder
Gingen wir zusammen vor das Thor,
Da gewahrten wir ein Spiel der Kinder,
Das uns anfangs kam verächtlich vor.
Jene fuhren in der schwarzen Lache
Auf des Eises Schollen hin und her,
Und so lustig, als ob diese Sache
Nicht im Mindesten gefährlich wär'.
Bohnenstangen hatten sie in Händen,
Damit trieben sie die Schollen fort,
Konnten sie auch nach Belieben wenden
Von dem einen nach dem andern Ort.
„Wie die Jungen,“ sprachen wir, „da treiben“
„Ein gefährliches, gewagtes Spiel!“
„Könnt' nicht einer auf der Stelle bleiben,“
„Wenn er von dem Eis in's Wasser fiel?“
Unser Urtheil wurde bald gelinder,
Und wir wurden ihres Treibens froh,
Daß wir sprachen: „Wären wir noch Kinder,“
„Machten wir vielleicht es ebenso!“
„Ei, wir könnten auch in unsern Jahren,“
Meinten endlich wir, „zum puren Spaß“
„Da einmal auf einer Scholle fahren,“
„Ohne daß wir dabei würden naß!“
Und im nächsten Augenblicke standen
Wir auf einer, die uns beide trug;
Denn es war die größte, die vorhanden,
Und wir hatten Raum darauf genug.
Als wir in die off'ne See nun stachen,
Fing die ganze, liebe Knabenschaar
Laut aus vollem Halse an zu lachen,
Was ein Zeichen ihres Beifalls war.