Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/199

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Ich griff dieselbe Stelle,
Die ich bei Käthchen fand,
Und die mit Blitzesschnelle
Ich nur zu gut verstand.
Ihr könnet nach Belieben
Sie selber sehen ein,
Ihr findet sie geschrieben
Sanct Lucä zehn, Vers neun!
Was wollt ihr dazu sagen,
Daß jetzt ich ganz genau
Die Stelle aufgeschlagen,
Wie bei der ersten Frau??
Geduldig vierzehn Tage
Und dreiundzwanzig Stund
Trug sie der Krankheit Plage,
Dann — schwieg ihr blasser Mund.
Denn im zweitletzten Monde
An dem fünftletzten Tag
War's, daß sie auf der Sponde
Als junge Mutter lag,
Und an dem elften Tage
Im nächsten Monatslauf —
Daß ich's genau euch sage —
Lag sie als Leiche drauf.
Erschöpft durch Gram und Wachen
An ihrer Lagerstätt'
Fiel, als die Kräfte brachen,
Ich um auf's nächste Bett.
Bald rief in größten Wehen
Mir Lina wieder zu:
„Noch Einmal will sie sehen
„Dich, eh' sie geh' zur Ruh!“
Sie konnte nicht mehr lallen,
Als sie mich jetzt empfing,
Ihr Aug' mit Wohlgefallen
Nur noch an meinem hing.
Wie auch der Anblick quäle,
Mein Auge ihn noch hält,
Als ihre freie Seele
Schon war in jener Welt.
„O, könnte Ich erkalten
„In diesem Augenblick
„Für sie, und euch erhalten
„Der Liebe reinstes Glück!
„Ach, daß nicht hat erhöret
„Der Herr dies heiße Flehn!
„Daß er ein Glück zerstöret,
„Wie ich noch keins geseh'n!“
Das war der Schwester Klage
Als still der Athem stand;
Mir fehlte alle Sprache
Für das, was ich empfand.
Wer wägt des Vaters Leiden,
Deß Augapfel sie war,
Da die auch schien zu scheiden,
Die sie ihm einst gebar?
Am Vierzehnten des Letzten
Sank in die Gruft ihr Sarg,
Den an den Ort wir setzten,
Der schon mein Käthchen barg.
Ihr Alter dreißig Jahre
Und achthalb Monde war,
Die Zeit vom Traualtare
Elf Monde auf ein Haar.
Der Pfarrer Reinhard hielte
Die Leichenrede ihr,
Und lobte, wie er's fühlte,
Durchaus sie nach Gebühr.
Er taufte auch ihr Kleines
Noch an dem nächsten Tag,
Wobei indessen Keines
Ein heit'res Wörtchen sprach.
Als wir nun daran kamen,
Wie das Kind heißen sollt',
Die Großmutter den Namen
Der Mutter gar nicht wollt'.
„Wird dieser Nam' verliehen
„Dem Kind, zwar ah'n ich's blos,“
Sprach sie, „allein dann ziehen
„Wir dieses Kind nicht groß!“