Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/214

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Da schrieb ich gar beweglich
Dem lieben Herzchen mein:
„Ach, Kind! ich kann unmöglich
„Ertragen diese Pein.
„Tantalus bis zum Munde
„Steht durstig in dem Fluß,
„Doch flieht ihn jede Stunde
„Der labende Genuß.
„Sieh', Engel meines Lebens!
„So groß ist mein Verdruß,
„Gelüstet mich vergebens
„Bei Dir nach einem Kuß.
„Drum mach' ein End' noch heute
„Dem grausamen Verbot!
„Und führ' zur höchsten Freude
„Mich aus der tiefsten Noth!
„Sei ja nicht unerbittlich!
„Sonst gehe ich zu Grund;
„Denn allzuappetitlich
„Reizt mich Dein Rosenmund!
„Laß frei die Liebe walten!
„Und sperr' sie nicht mehr ein!
„Ich kann mich nicht mehr halten,
„Du mußt geküsset sein!
„Auch mag ich nicht verstohlen,
„So im Vorübergehen,
„Ein heimlich Küßchen holen;
„Nein, offen soll's geschehen!
„Was wir schon längst verschweigen,
„Die Mutter hat's durchschaut;
„Drum laß Verstellung weichen,
„Und zeige Dich als Braut!
„Da ehrlich währt am längsten,“
„Will bei den Aeltern nun
„Ich ohne Scheu und Aengsten“
„Die nöth'gen Schritte thun.“ —
Sie hatte nichts dagegen,
Drum bat zur selben Stund'
Ich um der Aeltern Segen
Zu uns'rem Liebesbund.
Drauf that sie mir zu wissen:
„Ach — unser zartes Band —“
„Für immer ist's zerrissen“
„Von meiner Aeltern Hand!! —“
„Du wirst dabei nicht leiden,
„Noch raufen in dem Haar?
„Auch leb' ich selbst in Freuden;
„Denn — Erst'res ist — nicht wahr!
„Der Vater sagte eben
„Mit heit'rer Stirne mir,
„Du würdest ihm vergeben,
„Daß Er nicht schreibe Dir,
„Wenn Ich sogleich nur schriebe:
„„Die Aeltern haben beid'““
„„Nichts gegen uns're Liebe.““
„So lautet der Bescheid. —
„Willst Du vielleicht noch heute
„Den Weg nach Aßlar geh'n,
„Kannst Du in voller Freude
„Allda Dein Bräutchen seh'n!“
Nun denkt ihr schon den Braten
Zu riechen, und dabei
Zugleich auch zu errathen,
Daß ich gegangen sei?
Doch — mag's unglaublich klingen —
Ist dieses nicht gescheh'n;
Denn laufen, rennen, springen,
Das heiße ich nicht „geh'n“.
Nach einer Viertelstunde,
Die ich von hinnen flog
Hing ich schon an dem Munde,
Aus dem ich Honig sog.
Zu früh mußt' ab ich brechen
Im Rausche dieses Tranks,
Den Aeltern auszusprechen
Gefühle großen Danks.
Die Freude bald sich stellte
Jetzt ein in Aller Herz;
Allein zu ihr gesellte
Sich allgemeiner Schmerz.