Neustadt (Ostholstein)/Auswertung der Statistik 1670 – 1769

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Hierarchie

Regional > Bundesrepublik Deutschland > Schleswig-Holstein > Kreis Ostholstein > Neustadt > Neustadt (Ostholstein)/Auswertung der Statistik 1670 – 1769

Kirchenbuchstatistik 1670 – 1769

Grafische Darstellungen

Bevölkerungsentwicklung von Neustadt (Ostholstein) auf der Basis der Einwohnerzahlen von 1803

Einleitung des Verfassers

Diakon Johann Bertram Mielck im Jahr 1770: Die hiesigen Kirchenbücher sind ein wahrer und höchst seltener Schatz, denn sie enthalten die genaueste Anzeige der Geborenen und Verstorbenen von 1652 an in einer ununterbrochenen Zeitfolge. Die Listen selbst sind in zweifacher Betrachtung von einer ausnehmenden Seltenheit, denn da hier niemand fremdes eingepfarrt ist, so liefern sie eine bloße Anzeige von den Einwohnern und deren Familien, ohne allen Zusatz von außen; und sie sind um so merkwürdiger, weil wir hier aus Mangel an Ärzten der Natur gänzlich überlassen sind, und die Fakultät an der Ernte unseres Kirchhofes seinen Anteil hat.

Die vorliegenden Auszüge fangen mit dem Jahr 1670 an, weil ich die Absicht hatte, eine Berechnung von gerade 100 Jahren herauszubringen. Ob sich schon einige Offiziere beständig hier aufhalten, so ist doch eine ordentliche Garnison eine ungewöhnliche Sache: deswegen habe ich dem Militärstand eine eigene Klasse angewiesen; doch sind die aus dem Militärstand unter der Hauptsumme der Getauften, Kopulirten und Begrabenen mit berechnet.

Die Jahre von 1720 bis 1739, desgleichen 1753 bis 1762 zeichnen sich besonders aus, weil in den ersteren der Herzog Carl Friederich sich hieselbst fleißig aufzuhalten pflegte, in den letzteren aber fast beständig einige Kompanien von der Infanterie hier einquartiert ware. Auch unter den Begrabenen habe ich die Zwillinge, die jung gestorben sind, der Seltenheit wegen besonders ausgesetzt.

Anmerkungen des Verfassers

Diakon Johann Bertram Mielck im Jahr 1770: In 100 Jahren sind 3.921 getauft, wenn man hierzu die 27 todgeborenen und vor der Taufe gestorbenen Kinder addiert, so macht die ganze Summe der Geborenen 4.018. Folglichwürde jedes Jahr 40 Kinder bringen. Der Augenschein lehrt aber, daß sich die Fruchtbarkeit in den letzten 25 Jahren, da die Zahl der Getauften, totgeborenen und vor der Taufe gestorbenen 1.209, so sehr vermehrt hat, daß wir jedes Jahr auf 48 rechnen können.

Unter den Geborenen ist das Verhältnis der Knaben gegen die Kinder vom anderen Geschlecht 106 zu 100.

In 100 Jahren sind nicht mehr als 114 uneheliche Kinder getauft. Wir können von dieser Summe noch eine ziemliche Zahl weglassen, weil nicht selten geschwächte Personen von anderen Orten und in sonderheit aus Lübeck hierher kommen, um ihre Leibesbürde abzulegen.Auf`s strengste gerechnet ist also nur das 40ste Kind unehelich; da es doch in großen Städten das 10te oder wohl gar das 6te, in anderen Gegenden aber das 19te oder 20te ist.

In 100 Jahren sind 85 Paar Zwillinge und einamal Drillinge geboren. Von 45 bis 46 Geburten gibt folglich 1mal Zwillinge. In der Segebergischen Gemeinde ist nur die 64ste Geburt eine Zwillingsgeburt und der Hr. D. Henseler bemerkt dies als einen Vorzug: „Im Grunde steht die Menge der Zwillinge nicht unter meinen Wünschen, weil von denselben nach Proportion nur wenig beym Leben bleiben!“ In 100 Jahren sind (in Neustadt) 173 Zwillinge geboren und dagegen nur 35 Zwillinge als Kinder gestorben. Ein sehr beträchtlicher Überschuß.

Geburtenüberschuß

Diakon Johann Bertram Mielck im Jahr 1770: In 100 Jahren sind 444 mehr geboren als gestorben; wir tragen folglich alle 2 Jahre beynahe 9 Personen zur Vermehrung des menschlichen Geschlechtes bey. Rechnet man aber die letzten 25 Jahre besonders, so vermehren wir die Welt jährlich mit 10, und so man die vom Militärstand ausschliessen will, mit 8 Personen. Ein Beytrag, der nach Poportion der Einwohner ausnehmend gros ist.

Ueberhaupt gerechnet gab es jedes Jahr 35 bis 36 Leichen: In hundert Jahren sind 39 unglücklich umgekommen, und zwar größtentheils ertrunken. Die Summe derselben verhält sich demnach gegen die ganze Sterblichkeit wie 1 zu 91. Die Zahl todtgebohrener und vor der Taufe verstorbener Kinder ist 97. Die 40ste bis 41ste Geburt würde folglich eine für die Fortpflanzung folglich verlohrene Frucht bringen.

So liessen sich wohl vielmehrere Folgerungen aus den Listen ziehen, aber wer wollte dem forschenden Leser so vorgreifen, daß dessen eygenem Nachdenken nichts übrig bliebe? [1]

Fußnoten

  1. Quelle: Diakon Johann Bertram Mielck im Jahr 1770

Literatur

  • Phil. Gabr. Henslers, d. A. Dokt. und Physici zu Segeberg ... Beytrag zur Geschichte des Lebens und der Fortpflanzung der Menschen auf dem Lande (Wien 1776)
  • Adolph Friedrich Stimmel: Untersuchungen über die Bevölkerung, Geburts- und Sterblichkeits-Verhältnisse von Stuttgart. (Dissert, 1834)
  • Andreas C. Gudme: Bevölkerung der beiden Herzogthümer Schleswig und Holstein in frühern und spätern Zeiten.(1819)