Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)/007

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Grundzüge einer quantitativen Genealogie (Rösch)
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      Die wesentliche und präziseste Quelle im deutschen Recht ist uns dafür der § 1589 des BGB, der lautet:

            „Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Vws. bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten. Ein uneheliches Kind und dessen Vater gelten als nicht verwandt.“

      Die §§ 1924–1931 schaffen ferner im Hinblick auf das Erbrecht eine Rangfolge der Vw. einer Person nach Ordnungen und Stämmen.

      Eine nähere Betrachtung dieser Regelungen in Verbindung mit einigen weiteren Stellen des BGB., zum Beispiel über eheliche Abstammung (§ 1591, § 1600), über die Eheschließung (früher § 1310, jetzt § 4 des Ehegesetzes von 1946) u. a. zeigt, daß sie mit den biologischen Gegebenheiten nicht durchaus im Einklang stehen[1]. Da sie aber seit vielen Jahrhunderten tausendfältig in Übung sind, sich also offenbar bewährt haben, und den ausübenden Juristen die Diskrepanzen gegenüber der Natur zweifellos bekannt sind, müssen sie begründet sein. Diese Begründung scheint mir durch den Zweck der Gesetze gegeben. So will das Erbrecht z. B. beim Todesfall eines Familienvaters in erster Linie dessen Kindern das Vermögen zukommen lassen, da ersten für diese die Eltern zu arbeiten und zu sparen pflegen, zweitens es sich bei ihnen im Regelfall um Menschen handelt, die ihre Lebensstellung neu aufzubauen haben, während die biologisch dem Verstorbenen „näher verwandten“ Geschwister in der Regel bereits einen eigenen Hausstand und Vermögen haben. Auch für den ganz unbiologischen Schlußsatz des § 1589 ergibt sich so aus der Zweckbestimmung eine „natürliche“ Erklärung; er wird übrigens im oben genannten § 1310 bzw. § 4 (von 1946) im Hinblick auf das Eherecht ausdrücklich aufgehoben.

      Um über die quantitativen Beziehungen der juristischen Vws. eine klare Anschauung zu bekommen, wollen wir für den „juristischen Verwandtschaftsgrad“ das Zeichen gj einführen. Es ergeben sich folgende Werte:
gj=0 für den Probanden selbst;
gj=1 für seinen Vater, seine Mutter, seine Söhne und Töchter;
gj=2 für die 4 Großeltern, für die Geschwister und für die Enkel;
gj=3 für die 8 Urgroßeltern, für Geschwister der Eltern (Onkel u. Tanten), für Geschwisterkinder des Probanden (Neffen und Nichten), sowie für alle Urenkel;
gj=4 für die 16 Ururgroßeltern, für Geschwister der Großeltern (Großonkel und –tanten), für Kinder der Elterngeschwister (Vettern und Basen), für Kinder der Neffen und Nichten (Großneffen und –nichten) sowie für alle Ururenkel;
und so fort, wobei aber alle Linien abzubrechen sind, die über eine uneheliche Vaterschaft führen würden. gj kann also alle ganzzahligen Werte zwischen


  1. Man wird an die Worte aus „Carmen“ erinnert. „Die Liebe von Zigeunern stammt, fragt nach Rechten nicht, Gesetz …“, wenn diese auch in anderem Sinn gemeint sind.