Die Probstei in Wort und Bild/034

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Die Probstei in Wort und Bild
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Daher haben andere die Probsteier für Nachkommen der schon um Christi Geburt an Nordseeküste wohnenden Friesen gehalten; allein teils ist die Uebereinstimmung in Sprache und Sitten zwischen den Probsteiern und Friesen im Schleswigschen nicht sprechend genug; besonders führen die unentbehrlichsten Gegenstände des täglichen Lebens bei beiden ganz verschiedene Namen; teils berichtet Helmold, daß Graf Adolf (nach 1139) den Westfalen Dargun, den Holländern das Eutinsche und den Friesen den Gau Susle (Süsel) angewiesen habe. Hiernach dürfen wir, weil zwischen den Probsteiern und den Bewohnern der ebengenannten Gegenden keine auffallenden Aehnlichkeiten hervortreten, jene auch nicht für Nachkommen der Westfalen, Holländer oder Friesen halten.

Wiese's Vermutung (Falck, Staatsb. Mag.), daß die Probsteier mit den Sorbenwenden im Altenburgischen verwandt seien, ermangelt noch einer, nur durch spezielle Vergleichung beider zu erzielenden, Begründung, und kann von mir, wegen meiner Unbekanntschaft mit den Sorbenwenden, leider nicht näher geprüft werden. Nur die eine Bemerkung drängt sich sogleich dagegen auf, daß man bei der Entfernung zwischen der Probstei und Altenburg schwerlich nachweisen oder auch nur glaublich machen kann, wie die Sorbenwenden nach der heutigen Probstei verschlagen worden sind.

In dieser Ungewißheit scheint mir die folgende Vermutung noch am meisten Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Derjenige Anbau der Probstei, wovon ihre heutige Kultur und Bevölkerung herstammt, geschah ein volles Jahrhundert nach der Kolonisierung des übrigen Wagrien durch den Grafen Adolf II., und war, wie C. Bocholt berichtet, einzig und allein das Werk des Probsten Friedrich. Aus diesem Grunde darf angenommen werden, daß er, selbst ein Ausländer, und dem damals keine öffentlichen Blätter zum Aufrufe an Auswanderungslustige zu Gebote standen, seine Kolonisten aus einer Gegend herbeirief, welche seiner früheren Heimat nicht ferne lag, und daß er Menschen ins Land zog, welche er schon als tüchtige Landwirte kannte und welchen auch er selbst so bekannt war, daß er vermuten durfte, sie würden seinem Rufe in die Fremde folgen. Diese in Natur der Sache begründeten Voraussetzungen führen aber, weil Friedrich selbst bis zum Jahre 1246 Mönch des Klosters Hersfelde an der Fulda im Hessischen war, zu der nahe liegenden Vermutung,daß auch seine Kolonisten aus dem Hessischen herstammen mögen. Hieraus erklärt es sich am leichtesten, warum Friedrich sie, wie wir oben erfuhren, mit solcher Vorliebe behandelte, daß seine drei nächsten Nachfolger deren Frucht zu schmälern suchten. Die Probsteier für Nachkommen der alten Katten zu halten, wird besonders durch deren eigentümlichen, tief ausgeprägten Volkscharakter angeraten: ihr rasches, entschlossenes Benehmen, ihre Freimütigkeit und Dreistigkeit auch gegen Vornehmere, ihr Unternehmungsgeist und andauernder Fleiß, ihre Gewandtheit bei schwierigen Unternehmungen, ihre Bereitwilligkeit sich belehren zu lassen, ihre Gastfreiheit, ihr Festhalten an alten Gerechtsamen, ihr Nationalstolz, ihre Streitsucht und Neigung zu Schlägereien - das ist, und war früher noch mehr als jetzt, der Probsteier Charakter, und hieran erkennen wir deutlich die alten Katten, wie Tacitus sie uns schildert. Derselbe, welcher uns die Geduld der Friesen rühmt, sagt von den Katten: „Das Volk hat härtere Leiber, gedrungene Glieder, drohende Blicke, größere Lebhaftigkeit, viel Verstand (für Deutsche) und Gewandtheit; sie stellen Auserwählte an die Spitze, gehorchen den Vorgesetzten, halten Reih und Glied, erkennen die Gelegenheit (zu einem Handstreich) bauen mehr auf die Führer als aufs Heer; den Feigen und Unkriegerischen bleibt die Schande“. - Noch gewinnt die aufgestellte Vermutung an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, daß die Probsteier sich von Anfang an weder mit Fischerei und Schifffahrt, noch mit den Meiereigeschäften und der Viehzucht ernstlich beschäftigt, sondern fast ausschließlich nur Ackerbau getrieben haben. Hieraus folgt, daß ihre Väter nicht aus Holland oder Friesland oder sonst einem Küstenlande herstammen, sondern aus einem Binnenlande auswanderten, in welchem sich gutes Ackerland fand und wo schon der Ackerbau ihre Hauptbeschäftigung war. Dieses gilt aber im hohen Grade von der Fuldagegend in Hessen. Und so