Stiftung Stoye/Band 49/022

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Stiftung Stoye/Band 49
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Häuserbuch der Stadt Teltow

büchern und -akten als Praestationen89 geführt] erläutert werden, weil sie als beständige Lasten auf den Grundstücken von Bedeutung waren und immer mit vererbt bzw. veräußert wurden. Der neue Eigentümer trat in ihre Verbindlichkeiten ein. Die Hufenpacht zählte zu den ältesten Formen feudaler Abgaben. Von den 68 Teltower Hufen waren 6 Hufen pachtfrei. Die Hufenpacht entrichteten die Hufenbesitzer an ihre jeweiligen Pachtherren. Ernst Fidicin führt einige Beispiele an, dass das Recht des Pachtherren schon im 14. und 15. Jahrhundert weiter veräußert bzw. auch belehnt werden konnte.90 Oberster Pachtherr war der Landesfürst, auch zu der Zeit, als die Brandenburger Bischöfe Teltow in ihrem Besitz hatten. Die Pachtherren der Teltower Hufen in der Zeit zwischen 1430 und 1704 können aus dem Historischen Ortslexikon entnommen werden.91 Bereits im 14. Jahrhundert besaß auch die in Teltow existierende Kalandsbruderschaft92 Einkünfte durch Hufenpachten, die ihnen als Lehen beigegeben waren.93 Im Jahr 1720 forderte König Friedrich Wilhelm I. einen »Historischen Bericht« vom Teltower Magistrat über die in der Stadt anfallenden schweren Ackerpachten an.94 Das darauf vom Magistrat angefertigte Dokument führt alle Pachtherren sowie die Höhe der anfallenden Getreidepachten auf. Insgesamt zehn Pachtherren erhielten jährlich 39 Wispel95 Getreide. Im Einzelnen waren das 20 Wispel und 5 Scheffel 96 Roggen, 14 Wispel Hafer und 4 Wispel und 2 Scheffel Gerste.97 Als größter Pachtherr erscheint der Erb- und Lehnrichter von Teltow, Cuno Hans von Willmerdorff, der sich wie auch seine Vorfahren die meisten Pachten erkauft hatte. Sein Anteil betrug über ein Drittel aller anfallenden Pachten. Eine Taxe der erwirtschafteten Abgaben an das Rittergut wurde anlässlich des Verkaufes des Gutes aufgestellt.98 Daraus geht hervor, dass im Jahr 1805 insgesamt 330 Reichstaler und 12 Groschen an diesen Pachtherren abgeführt werden mussten. Rechnet man diesen Anteil auf die gesamten Getreidepachten hoch, dann ergibt die Höhe der Praestationen der Hüfner von Teltow einen Geldwert von über 940 Reichstalern im Jahr. Sie erhöht sich noch um 7 Wispel 18 Scheffel Roggen des sogenannten Kirchenzehnts, der von den Teltower Hufen an die Pfarre abgeführt werden musste [3 Scheffel Roggen je Hufe]. Er hatte auch die Bezeichnung Naturalfruchtzehnt, und ab Mitte des 19. Jahrhunderts konnten ihn die Hufenbesitzer im Geldwert entrichten.

89 90

91 92 93 94 95 96 97

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Praestation, lat.: Leistung, Entrichtung. Fidicin, Territorien, Bd. 1 (wie Anm. 17), S. 31: »… so hatte z. B. der Bürger Wilke Rode zu Berlin im Jahre 1367 die Einkünfte (Pachten) von 4 Hufen erkauft und dem Altare des heil. Kreuzes in der Nikolaikirche zu Berlin beigelegt …«. Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 4: Teltow. Bearb. von Liselott Enders unter Mitarb. von Margot Beck. Weimar 1976, S. 303. In Teltow bestand Ende des 13. Jahrhunderts eine Kalandsbruderschaft, siehe u. a. Spatz (wie Anm. 31), S. 281. – Auch Ulrich Muhs: Aus der kirchlichen Vergangenheit der Stadt Teltow. Berlin 1910, S. 9 ff. Die Bezeichnung Kalandspacht findet sich in Grundakten, siehe BLHA, AG Potsdam, Ga Teltow, u. a. in Bd. I, Bl. 13, Bl. 25 und Bl. 34. BLHA, Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3460 »Berichte des Magistrats von Teltow über die Zustände in der der Stadt 1709, 1716-1720, 1736-1755«. Wispel: Hohlmaß = 24 Scheffel = 1319,1 Liter. Scheffel: Hohlmaß = etwa 55 Liter. BLHA, Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 934 »Special-Nachrichten zur Getreide Tabelle pro 1776«: Im Jahr 1776 betrug die gesamte Getreideerzeugung in Teltow etwas über 286 Wispel. In schlechten Erntejahren wurden manchmal nur 170 Wispel Getreide gewonnnen. Das heißt, dass für die Pachten fast 1/4 der Gesamterzeugung aufgebracht werden mussten; in mittleren Jahren ging jeder 10. Sack Getreide zu den Pachtherren. BLHA, Rep. 19 (wie Anm. 44).

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